Vorarlberger Wirtschaft stürzt ab: “Jetzt müssen alle an einem Strang ziehen”

Wirtschaftsleistung im Land schrumpft um 2,6 Prozent: Schlechtester Wert aller Bundesländer.
Wien, Schwarzach Über viele Jahre war Vorarlberg an der Wachstumsspitze im Bundesländervergleich, entsprechend wurde das von der Politik ausgeschlachtet und damit auch der Lokalpatriotismus genährt. Damit ist nun Schluss: Im vergangenen Jahr verzeichneten die Bundeshauptstadt Wien und das Burgenland, deren regionale Wirtschaft einen hohen Anteil des öffentlichen Sektors aufweisen, das stärkste Wachstum aller Bundesländer. Nun ist das Vorzeigebundesland am Ende der Tabelle zu finden, wie die Zahlen der volkswirtschaftlichen Bundesländeranalyse des vergangenen Jahres der Bank Austria zeigen.
Kräftiger Rückgang
Gepunktet haben vor allem zwei Bundesländer, die sonst eher in der zweiten Hälfte des Rankings auftauchen. „Wien mit einem Plus von 0,3 Prozent und das Burgenland mit plus 0,1 Prozent waren die einzigen Bundesländer mit einem Wachstum im positiven Bereich“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Robert Schwarz. Die westlichen Regionen Salzburg (minus 0,2 Prozent) und Tirol (minus 0,4 Prozent) folgten auf den Plätzen drei und vier, wobei ihr hoher Tourismusanteil einen stärkeren Rückgang des Wachstums verhinderte. Kärnten lag mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 0,7 Prozent im Bereich des bundesweiten Durchschnitts von minus 0,8 Prozent.

Deutlich schlechter schnitten die industrieorientierten Bundesländer ab: Oberösterreich verzeichnete ein Minus von 1,2 Prozent, Niederösterreich von minus 1,5 Prozent, die Steiermark von minus 1,6 Prozent und mit großem Abstand folgte Vorarlberg mit einem kräftigen Rückgang von 2,6 Prozent, der die Alarmglocken im Land schrillen lässt. „Das ist ein Weckruf an alle“, ist der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Elmar Hartmann, schockiert über die Zahlen, „das ist erschreckend, 2,6 Prozent ist ein sehr starker Rückgang“. Es zeige, dass die Warnungen der IV zur Lage der Wirtschaft nicht übertrieben waren, sagt er gegenüber den VN. „Was es jetzt braucht, ist ein gemeinsames Ziel aller“, Schuldzuweisen wolle er keine treffen. „Nur wenn wir es schaffen, dass alle am gleichen Strang ziehen, werden wir wieder zurück in die Erfolgsspur kommen“.
Stagnation im laufenden Jahr
Während in Tirol und Salzburg der Tourismus den Rückgang etwas abgefedert hat, war dies in Vorarlberg mit seinen exportorientierten Betrieben nicht festzustellen. Und wird es auch heuer nicht, trotz der etwas optimistischeren Einschätzung zum Wachstum, das die Bank Austria-Ökonomen gezogen haben und mit einem österreichweiten Wachstum von 0,3 Prozent immerhin im positiven Bereich verorten nach einem gesamtösterreichischen Minus von 0,8 Prozent im Jahr 2023. In der zweiten Jahreshälfte 2024 sollte sich die Konjunktur in der Industrie und in der Bauwirtschaft wieder etwas aufhellen. Insgesamt sollte damit 2024 kein Bundesland eine negative Wirtschaftsentwicklung zeigen, viel mehr als Stagnation wird sich aber in keinem Bundesland ausgehen, erklärt Stefan Bruckbauer, Chefökonom der UniCredit Bank Austria.

Das macht sich auch am Arbeitsmarkt bemerkbar: Trotz der allgemein schwachen Konjunkturlage stieg die Arbeitslosenquote in Österreich im Vorjahr im Jahresvergleich nur leicht von 6,3 Prozent auf 6,4 Prozent an. Den stärksten Anstieg der Quoten mit bis zu 0,3 Prozentpunkten gab es in den Industrieländern Steiermark, Oberösterreich und Vorarlberg, so Schwarz. Angeführt von einem überdurchschnittlichen Anstieg der Arbeitslosenquote in Wien und in den Industrieregionen erwarten die Bankökonomen für das Gesamtjahr 2024 eine durchschnittliche Arbeitslosenquote in Österreich von 6,8 Prozent nach 6,4 Prozent 2023.