Vorarlberger Industrie warnt: “Der Standort braucht Taten, keine Zumutungen”

Markt / 22.07.2025 • 12:57 Uhr
Vorarlberger Industrie warnt: "Der Standort braucht Taten, keine Zumutungen"

Stimmung bleibt angespannt. Acht von zehn Betriebe sehen keine Besserung. Strukturelle Probleme bremsen Wachstum.

Lustenau Die Stimmungslage vergleicht Elmar Hartmann, Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg, mit dem aktuellen Wetter: viele Wolken und nur vereinzelt ein Sonnenstrahl. Seit 25 Jahren werden die heimischen Industriebetriebe zur aktuellen Geschäftslage und zu den Erwartungen für die kommenden Monate befragt. Die jüngste Konjunkturumfrage zum zweiten Quartal 2025 zeigt ein ernüchterndes Bild: 33 Unternehmen mit insgesamt 24.000 Beschäftigten nahmen teil – das Ergebnis ist deutlich.

Alles ist anders

“In der Vergangenheit hatten wir immer wieder Rückschläge – etwa während der Finanzkrise 2008 oder der Corona-Pandemie 2020. Doch die Talsohle war jeweils rasch durchschritten. Diesmal ist alles anders”, warnt Hartmann. Seit über drei Jahren befinde sich die Industrie im Dauer-Negativtrend. “Dieser Stillstand darf nicht zur neuen Normalität werden. Sonst drohen ein Fortschreiten der Deindustrialisierung, Jobverluste und ein Rückgang des Wohlstands.”

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Zwar gebe es erste zaghafte Signale der Besserung, von einem echten Aufbruch könne aber keine Rede sein. “Wir liegen zwar knapp über der Nulllinie – aber von Optimismus ist nichts zu spüren”, sagt Hartmann. Acht von zehn Betrieben beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht, neun von zehn erwarten in naher Zukunft keine Verbesserung. Das schlägt sich auch in den Beschäftigungsplänen nieder: 24 Prozent der Unternehmen planen einen Stellenabbau, 40 Prozent wollen zumindest die Mitarbeiterzahl halten.

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Simon Kampl und Elmar Hartmann (IV) mit Michael Amann (WKV). iv

Die angespannte Lage betrifft sämtliche Sektoren, wie IV-Geschäftsführer Simon Kampl und Michael Amann, Spartengeschäftsführer der Wirtschaftskammer, erklären: Maschinen- und Metallindustrie, Nahrungsmittelproduktion, Textil-, Elektro- und Verpackungsindustrie – überall herrscht Stillstand.

Von Erholung keine Spur

“Selbst wenn wir die Talsohle erreicht haben, sind wir von einer echten Erholung oder gar Wachstum weit entfernt”, betont Hartmann. Die Ursachen sieht er in strukturellen Problemen: Hohe Lohn- und Energiekosten, überbordende Bürokratie und regulatorische Belastungen gefährden zunehmend die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Folge: Seit 2019 seien rund 74.000 österreichische Industriejobs ins Ausland abgewandert.

Kurzum: Der Standort Österreich ist zu teuer geworden, um im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein. Was es jetzt brauche, seien nicht bloß politische Ankündigungen, sondern entschlossenes Handeln. “Der Standort braucht Taten”, sagt der IV-Präsident. “Das wird schmerzen, denn wir alle haben uns an Förderungen und Beihilfen gewöhnt.” Aber ohne mutige Reformen sei ein Turnaround nicht zu schaffen.

Deutschland machts vor

Als positives Beispiel nennt Hartmann die deutsche Investitionsoffensive “Made for Germany”, bei der führende Konzerne Investitionen in Höhe von 631 Milliarden Euro bis 2028 zugesagt haben. Ein vergleichbarer Impuls sei auch in Österreich dringend nötig. “Investitionen müssen wieder attraktiver werden. Derzeit begegnet man uns mit Vorschriften, Kosten und politischen Zumutungen. Wer Industrie will, muss Wettbewerbsfähigkeit ermöglichen – und genau daran hapert es an allen Ecken und Enden.”