Zweirad-Trend oder Ermüdung: So entwickelt sich heuer das Geschäft mit den Bikes

Markt / 20.08.2024 • 10:04 Uhr
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Das Interesse an einem neuen Fahrrad ist wieder größer geworden. Ein Zukunftsmodell ist das Fahrradleasing, z. B. bei der Aktion “Jobrad”. AFP

Der Durchhänger im Jahr 2023 sitzt der Branche noch in den Knochen. Wie verläuft das Geschäft heuer – und wie sind die Zukunftsperspektiven?

Schwarzach Jeder zweite Vorarlberger ab 16 nutzt das Fahrrad regelmäßig für Alltagsfahrten, in der Freizeit ohnehin. Der Anteil dürfte sogar noch höher sein, denn die Zahlen, die von der Statistik Austria dazu zur Verfügung stehen, sind nicht ganz aktuell: Der Anteil der Radfahrer habe seither weiter zugenommen, heißt es seitens des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ). Damit hat Vorarlberg im Bundesländervergleich „das Gelbe Trikot“, wie der VCÖ mitteilt.

Geschätztes E-Bike

Das schlägt sich auch bei der „Hardware“ wider. Denn der Fahrradhandel im Land ist mit der Marktsituation zufriedener als die Branche allgemein. Immerhin lassen sich die Vorarlberger (aber auch die Österreicher) sich das elektrische Bike deutlich mehr kosten, als die Radler in anderen europäischen Ländern, wie die kürzlich veröffentlichte Studie des internationalen Beratungsunternehmens EY zur Entwicklung des europäischen Fahrradmarktes 2019-2029 zeigt: Während die Franzosen im Durchschnitt rund 2000 Euro für ihr E-Bike ausgeben, lassen wir durchschnittlich 4000 Euro dafür springen. Das ist auch entschieden mehr als der europäische Durchschnitt, der 2350 Euro beträgt.

Der durchschnittliche Verkaufspreis im Handel liegt bei 5500 Euro pro Rad.
Simplon Showroom in Hard: Durchschnittlich geben Vorarlberger rund 4000 Euro für ihr Fahrrad aus. FA

Am meisten Fahrräder wurden 2022 verkauft – das darauffolgende Jahr 2023 war laut EY dafür ein Fiasko: In Österreich ging der Verkauf um 17 Prozent zurück. Nach dem Höchststand im Jahr 2022 verzeichnete der europäische Fahrradmarkt 2023 einen Abschwung mit einem Absatzrückgang in gleicher Höhe wie Österreich. Und das bei vollen Lagern. Der Vorarlberger Fahrradproduzent Simplon musste deshalb im vergangenen Jahr 18 Mitarbeitende kündigen. Ist man laut EY-Experte Stefan Mohr in Europa heuer immer noch etwas vorsichtig, scheint der Vorarlberger Zweiradhandel schon wieder zuversichtlicher: Der nach eigener Einschätzung größte Händler des Landes, Intersport Fischer, habe sehr gut verkauft, sagt Geschäftsführer Erhard Fischer: „Wir haben in Summe keine rückläufigen Zahlen“, gewachsen sei auch der Absatz bei Kinderfahrrädern, die laut europäischen Zahlen im Jahr 2023 besonders schwer zu verkaufen waren.

Leasing als Zukunftsmodell

Das Tief im vergangenen Jahr, das unweigerlich auf das Allzeithoch 2022 folgte, wird heuer ausgeglichen durch die steuerlich attraktiven Leasingmodelle „Jobrad“ und „Firmenrad“. Im Fahrradleasing orten die Branche und EY-Verkehrsexperte Martin Unger ein Wachstumsumfeld. Außerdem wurden und werden heuer die nach dem Lieferengpass, der die Fahrradbranche besonders hart traf, übervollen Lager wieder abgebaut. Spurlos sei das letzte Jahr aber nicht am Handel vorbeigegangen, berichtet auch der Sprecher des Vorarlberger Fahrradhandels, Thomas Kofler (RadHaus Rankweil). „Die Inflation und die gestiegenen Zinsen sind nicht spurlos an uns vorübergegangen“, so Kofler, „das hat zu Verunsicherung bei den Kunden geführt.“ Abwarten mit einer Bilanz will indes der Geschäftsführer des Harder Premium-Bikeherstellers Simplon, Jakob Luksch. Im Frühjahr hatte das Unternehmen, das 2022 Mitarbeiter abbauen musste, 16.500 Fahrrad-Bestellungen für das Geschäftsjahr 2023/24, das im September abgeschlossen wird, in den Büchern stehen und war damit wieder auf gutem Stand.

Zweirad-Trend oder Ermüdung: So entwickelt sich heuer das Geschäft mit den Bikes
Thomas Kofler führt das RadHaus Rankweil und spricht für die Branche: “Fachhandel bietet fundierte Beratung und ist Ansprechpartner für Service- und Werkstattleistungen.” VN/KH

Doch mittel- und langfristig, so Kofler, ist das Fahrrad ein Erfolgsmodell – das Fahrzeug der Wahl in der Verkehrswende. Das sehen die Branche, Verkehrsexperten und Ökonomen genauso. Und das spiegelt sich auch in der Analyse von EY wider. Bis 2029 wird ein jährliches Wachstum von vier bis fünf Prozent erwartet. Und hier sieht Kofler die Fachbetriebe im Vorteil. „Wir bieten eine fundierte Beratung für die Kunden und sind auch mit den Service- und Werkstattleistungen die erste Adresse“, weiß er um die Kompetenz seiner Branche.

Im Gespräch Erhard Fischer, Intersport
Erhard Fischer, Geschäftsführer von Intersport Fischer, ist mit der heurigen Saison bislang zufrieden: Besonders die Jobrad-Option habe zu guten Verkäufen geführt. VN/Steurer