Wende in der Baubranche: “Zementfreies Bauen ist ein Gebot der Stunde”

Markt / 13.12.2024 • 13:27 Uhr
Illwerke Zentrum Montafon (IZM)
Das illwerke vkw zentrum montafon war bei seiner Fertigstellung 2013 das größte Bürogebäude aus Holz-Hybrid in Mitteleuropa und eines der größten der Welt. FA

Der Zeitenwandel ist in der Baubranche noch lange nicht überall angekommen. Einer der wichtigsten Protagonisten der Vorarlberger Architektur machte Klimawandel, sozialen Wandel und den Umgang mit Ressourcen beim 40-Jahre Jubiläum zum Thema.

Schwarzach, Reuthe Eine Reise zu den zahlreichen Leuchttürmen, die der aus Reuthen stammende und in Schwarzach werkende Architekt Hermann Kaufmann in den vergangenen 40 Jahren (genau genommen sind es 41 Jahre) errichtet hat, würde Bücher füllen, doch anlässlich des Jubiläums hat er sich aber für das entschieden, was ihn sein Berufsleben lang ausgezeichnet hat: Bei der Veranstaltung zum Jubiläum, die in der Kaufmann Zimmerei in Reuthe stattfand, richtete er und seine Partner Roland Wehinger, Christoph Dünser und Stefan Hiebeler – das Unternehmen wurde 2018 umfirmiert in HK Architekten, Hermann Kaufmann + Partner ZT GmbH – den Blick auf die großen Herausforderungen für die Bauwirtschaft und Architektur im Zuge des Klima- und damit auch des Energie- und Sozialwandels.

HK Architekten 40 Jahre
Eine 40 Jahr-Feier bei der in die Zukunft geschaut wurde: Die Architekten Francis Kéré, Florian Nagler, Hermann Kaufmann im Gespräch mit Verena Konrad, Direktorin des Vorarlberger Architektur Instituts. HK-A/Lamprecht

HK Architekten holte zwei international renommierte Kollegen auf die Bühne, die bereits jetzt so bauen, wie es in Zukunft notwendig sein wird – Francis Kéré, ausgezeichnet mit dem Oscar der Branche, dem Pritzker-Preis, bekannt für seine Projekte, die Architektur und soziale Verantwortung vereinen, und  Florian Nagler – einen der Vorreiter des „Einfach Bauens“, der in seinem Vortrag seine Prinzipien für nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen vorstellte. Mit provokanten, fundierten Statements regt er dazu an, den Bauprozess radikal neu zu denken und den Fokus auf das Wesentliche zu legen. Kéré, dessen Wurzeln in Burkina Faso liegen, lässt in seine Werke die Traditionen und Bedürfnisse seiner Herkunft einfließen und schafft Gebäude, die gleichermaßen funktional und ästhetisch ansprechend sind.

Voraussetzungen geschaffen

Mit Kéré zusammen baut Kaufmann derzeit an der Universität München, an welcher er als Professor dem Holzbau eine Bühne bereitete, einen Kindergarten, der auf die Anforderungen der Zeit eingeht. Auch beim Bau des Museums Ehrhardt in Plüschow arbeiten die Architekten gemeinsam. Die Vorträge und die anschließende, von Verena Konrad, Direktorin des Vorarlberger Architektur Instituts, geleitete Diskussion sorgte bei den Gästen der 40-Jahre-Veranstaltung für anhaltende Diskussionen.

40 Jahre-Feier HK Architekten
Die Vorträge und die Diskussion sorgte bei den Gästen der Veranstaltung in Reuthe für ausgiebig Gesprächsstoff. HK-A/Lamprecht

Und auch, wenn Kaufmann selbst nach vorne schaut – die Voraussetzungen für diese Perspektiven haben Kaufmann, seine Partner und die insgesamt 30 Mitarbeitenden in den vergangenen 40 Jahren mit Leuchtturmprojekten in der Region und international gelegt. Kaufmann selbst kann ohne Übertreibung als Architekt, Professor und Autor als Sprachrohr für den Holzbau bezeichnet werden: Bauten wie das Bürogebäude von illwerke vkw, die Entwicklungen des Bausystems Cree, das inzwischen international ausgerollt wird, Geschäftsbauten, Schulen, Museen etc. sorgen immer wieder für Aufsehen und sind beste Werbung für den Holzbau. Der „Atlas Mehrgeschossiger Holzbau“ der Autoren Hermann Kaufmann, Stefan Krötsch, Stefan Winter ist ein internationales Standardwerk.

HK Architekten Schraubenwerk Waldenburg
HK Architekten zeigt auf, wie mit dem Baustoff Holz auch in Industrie – und Gewerbe gebaut werden kann, z. B. mit dem Schraubenwerk Waldenburg. HK-A/Lins

„Zementfreies Bauen ist ein Gebot der Stunde“, sagt der Architekt im Gespräch mit den VN und fordert insgesamt mehr Mut, insbesondere von Bauherren im Gewerbebau. Hier gebe es noch Entwicklungspotenzial, das es zu nutzen gelte. Im Wohnbau habe sich Holz als Baustoff inzwischen international eine hohe Zustimmung erobert, auch bei öffentlichen Bauten wird Holz inzwischen immer öfter verwendet. Ein Thema für HK Architekten ist auch der Re-Use und das Recyling von Bauten. „Die gesamte Bauwirtschaft müsse hier über den Horizont hinausschauen“, betont er, sieht aber auch, dass der Branche noch „eine Knochenarbeit bevorstehe, um die bisherige Praxis zu überdenken und Veränderungen anzutreiben. Für HK Architekten bleibt damit auch in den nächsten 40 Jahren genug Gestaltungsspielraum.