Nach Sanierung: Dieser Vorarlberger Radhersteller tritt voll in die Pedale

Markt / 18.03.2025 • 15:06 Uhr
Nach Sanierung: Dieser Vorarlberger Radhersteller tritt voll in die Pedale
Fertig zur Schlussabnahme: Die Orderbücher sind voll, die Fahrräder stehen vor der letzten Prüfung, bevor sie zu den Händlern und Kunden gehen. VN/Paulitsch

Die Fahrräder “made in Vorarlberg” sind bei internationalen Branchentests immer in der ersten Reihe, die Kunden sind deshalb treu. Nach der Insolvenz ist der Neustart geglückt. Die Orderbücher sind voll. Was trotzdem anders wird.

Hard Für Vorarlberger war lange die Schweiz das Maß aller Dinge, wenn es um Fahrräder ging. Das wusste auch Heinz Hämmerle, der 1961 das bestehende Fahrradgeschäft der Familie weiter professionalisierte und eine Fahrradproduktionsfirma gründete: Der Simplon-Pass schien ihm als Namensgeber deshalb geradezu ideal. Und er hatte recht – wiewohl der gute Ruf dann doch der Qualität der Fahrräder „made in Hard“ zu verdanken war.

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Handarbeit wird großgeschrieben in der riesigen Werktstätte der “Manufaktur” für Premium-Räder.

Bis heute ist die Qualität der Bikes neben den Innovationen (z. B. Carbonrahmen) einer der größten Trümpfe der Harder. Doch im Herbst 2024 schien es, dass die Erfolgsgeschichte ein Ende nimmt. Der Bike-Spezialist war mit über 40 Millionen Euro verschuldet. Die Schließung drohte. Der österreichische Finanzinvestor SOL Capital Management „rettete“ den Fahrradbauer – mit einer Kapitalspritze sowie einem klaren Bekenntnis zum Standort. Nun will der Investor das Unternehmen wieder fit machen, um es in fünf bis sechs Jahren wieder zu verkaufen.

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Christoph Mannel, neuer Geschäftsführer und selbst Investor bei Simplon, ist stolz auf das Team und die Produkte von Simplon: “Wir haben die Expansion ganz klar im Plan.”

Der neue CEO Christoph Mannel ist auch als Co-Investor bei Simplon, Erfahrungen hat er bei mehreren namhaften europäischen Fahrrad- und Sportartikelherstellern gesammelt. Inzwischen hat er sich in Hard eingelebt – allein: eine Wohnung in der Nähe seiner Arbeitsstätte hat er noch nicht gefunden. Gefunden habe er dafür ein Team, das nicht nur fachlich auf höchstem Niveau arbeite, sondern „mit Herz und großem Engagement“ beim Fahrradhersteller bei der Sache ist. In der Tat läuft der Betrieb auf Hochtouren. „Die Bestellungen sind auf einem hohen Niveau“, berichtet Mannel, neben den rund 150 Mitarbeitern haben auch die Kunden dem Fahrradhersteller in der turbulenten Zeit die Treue gehalten. „Unsere Mitarbeiter kommen aus 23 Nationen und sind im Durchschnitt acht Jahre bei uns. 43 Prozent sind weiblich“, informiert der neue Chef.

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“Wir haben Mitarbeiter, die sehr engagiert sind und offen für Neues. Wir gehen zusammen einen guten Weg nach vorn”, freut sich Mannel über das Team.

Der Markt, der 2024 so geschwächelt hat, dass nicht nur das Harder Unternehmen ins Trudeln geriet, locke mit sehr guten Perspektiven, auf die Simplon mit neuen Modellen antworte, so Mannel. Die Nachfrage nach traditionellen Fahrrädern ohne Elektroantrieb steige stetig, so Mannel. „In den Städten fahren immer mehr Menschen die täglichen Wege mit dem Rad“, so Mannel, außerdem werden die Radwege weiterausgebaut.

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Markus Moosbrugger ist seit 24 Jahren bei Simplon – er zeigte den VN den Betrieb von A bis Z.

30 Modelle werden angeboten, die je nach Kundenwunsch individuell ausgestattet werden. „Derzeit gibt es zwei Millionen mögliche Varianten“, da werde man eingreifen. „Die Komplexität ist zu groß geworden“, sagt er, „Wir werden die Auswahl einfacher machen.“ Auch die Produktion soll „in allen Bereichen auf Effizienz getrimmt werden“.  Bei den Modellen wird es auch eine neue Reihe geben, Fahrräder, die etwas günstiger sind als die jetzigen Premium-modelle, „doch sicher keine Diskonträder“. Zulasten der Qualität dürfe es auf keinen Fall gehen. Die Harder Räder sind an der Qualitätsspitze in der Branche: „Unsere Reklamationsquote beträgt null Komma irgendwas“, so Mannel stolz.

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Jedes Fahrrad wird individuell nach Kundenwünschen zusammengebaut.

Der Fachhandel bleibt weiterhin die bevorzugte Vertriebsart, ansonsten setze man auf alle Kanäle, um die Fahrräder zu präsentieren. Das Geschäft heuer ist gut angelaufen, Hauptmärkte sind Österreich und Deutschland, seit Kurzem werden auch die Niederlande bearbeitet. Neben der Schweiz und Italien werde man künftig auf die Märkte in Polen und Tschechien setzen, unterstreicht Mannel die Expansionspläne, die durch die große Nachfrage in den letzten Wochen und Tagen noch unterstrichen werden. „Derzeit sind wir ausverkauft, es dauert acht Wochen, bis wir das gewünschte Fahrrad liefern können.“

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Auch das ist Handarbeit: Nur ein versierter Fachmann kann die Speichen richtig aufziehen.