3 Fragen an Verena Eugster: “Hat Unternehmertum ein Imageproblem?”

Markt / 02.05.2025 • 13:28 Uhr
3 Fragen an Verena Eugster: "Hat Unternehmertum ein Imageproblem?"

Die Unternehmerin sieht bei Arbeitnehmern einen alarmierenden Verlust an Leistungsbereitschaft.

Mit welchen Herausforderungen kämpfen Jungunternehmer:innen heute wirklich?

Ganz ehrlich: Unternehmertum hat in unserer Gesellschaft ein Imageproblem. Während am 1. Mai Arbeit gefeiert wird, fragt kaum jemand, wer diese Arbeit überhaupt schafft. Unternehmer:innen gelten heute oft als Profiteur:innen – nicht als jene, die Risiken tragen, Jobs schaffen und täglich Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig sollen sie heute alles sein: Chef:in, Coach, Psycholog:in, Wertevermittler:in, Krisenmanager:in. Überbordende Bürokratie, Fachkräftemangel und unrealistische Erwartungen der Mitarbeitenden verschärfen den Druck. Und dabei wird oft vergessen: Kein Mensch baut mit einer Vier-Tage-Woche und 80 Prozent Einsatz ein Unternehmen auf. Unternehmertum braucht Einsatz, Mut, Ausdauer – und das sollte wieder wertgeschätzt werden.

Und wie sieht es auf der Seite der Arbeitnehmer:innen aus?

Menschen suchen nach Sinn, Flexibilität und mentale Gesundheit im Job – das ist gut und wichtig. Aber was wir gleichzeitig erleben, ist ein alarmierender Verlust an Leistungsbereitschaft. Nur 16 Prozent der Beschäftigten in Österreich gelten laut Gallup als engagiert. Der Rest macht Dienst nach Vorschrift oder ist innerlich längst weg. Dabei ist Arbeit nichts Schlechtes – sie kann Erfüllung geben, Identität stiften, persönliche Entwicklung ermöglichen. Und Leistung? Ist kein kaltes Managerwort, sondern etwas Positives: ein Zeichen von Verantwortung, Eigeninitiative und Gestaltungswille. Ohne Leistung kein Fortschritt – und ohne Fortschritt kein Wohlstand.

Was muss passieren, damit wir wieder gemeinsam an einem Strang ziehen?

Wir brauchen dringend eine neue Balance – und mehr Ehrlichkeit im Dialog. Unternehmer:innen sind nicht das Problem, sondern ein zentraler Teil der Lösung. Sie übernehmen Verantwortung, investieren Zeit, Geld, Energie und oft auch ihre Gesundheit, um Innovation, Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. Und ja: Fehler passieren – auf beiden Seiten. Aber wir müssen Arbeit wieder als etwas Positives begreifen – als gemeinsamen Wert. Als etwas, das uns verbindet und weiterbringt. Es braucht wieder mehr Lust auf Leistung – nicht, weil man muss, sondern weil man gestalten will. Zukunft entsteht nicht im Vier-Tage-Modus. Zukunft entsteht durch Einsatz. Gemeinsam.