“Das Trinkgeld ist für uns ein Geschenk” – was die Abgabenpflicht für die Gastronomie bedeutet

Das Trinkgeld macht für viele im Gastgewerbe einen wichtigen Unterschied. Entsprechend gespannt blickt auch Robert Suvada nach Wien.
Darum geht’s:
- Trinkgeld in Gastronomie ist steuerpflichtiges Einkommen.
- Gastronomie fordert Abgabenbefreiung von Trinkgeld.
- Politik verspricht mögliche Lösungen für Abgabenproblematik.
Bregenz “Trinkgeld ist für uns ein Geschenk dafür, dass wir diesen Job gerne machen. Wir versüßen gerne den Leuten ihre Zeit bei uns, sorgen dafür, dass sie sich wohlfühlen – und wenn uns das gelingt, bekommen wir dafür etwas”, erklärt Robert Suvada. Er steht diesen Montag in der LuSt-Bar in der Bregenzer Inselstraße hinter der Theke. Für ihn ist klar, was wäre, wenn das Trinkgeld bei den Sozialabgaben mitberücksichtigt wird: “Dann bekommen wir gar keine Mitarbeiter mehr, es wird unmöglich. Gastronomie bedeutet Arbeit am Wochenende und an Feiertagen – dann, wenn alle frei haben”, erinnert Suvada. Entsprechend sei das Trinkgeld für viele das Tüpfelchen auf dem i, das den Beruf dennoch attraktiv hält.

Für einen Service auch ein Trinkgeld zu geben, gehört nicht nur in Vorarlberg zum guten Ton. Suvada erinnert an die Pandemiezeit: Während der Lockdowns suchten sich viele Mitarbeiter krisensichere Jobs abseits der Gastronomie, da das Grundgehalt nicht ausreichte, um davon zu leben. Nachher kamen einige wieder zurück – gerade wegen der Trinkgelder. “Es ist für die ganze Gastronomie einfach ein wichtiger Punkt, dass wir jetzt zusammenhalten und diese Abgaben nicht zahlen müssen – auch für mich als Mitarbeiter.”
Was sich geändert hat
Bei einer Barzahlung war es bislang kaum nachvollziehbar, wie viel Trinkgeld jemand im Monat bekam. Aus der Sicht des Staates ist es jedoch ein Entgelt Dritter – und damit abgabenpflichtig, etwa für die Sozial- und Pensionsversicherung. Gelöst wurde dies in den meisten Bundesländern mit Pauschalen, die in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Sozialabgaben einfließen.
In Vorarlberg etwa liegt die Pauschale bei angestellten Friseuren seit 2007 bei 70 Euro im Monat, bei Friseurlehrlingen bei 22 Euro. Bei angestellten Kosmetikern, Fußpflegern und Masseuren rechnet man seit 2004 mit 58,86 Euro pro Monat, bei ihren Lehrlingen mit 19,62 Euro. Im Gastgewerbe mit Kundenkontakt rechnet die Vorarlberger Krankenkasse mit einem monatlichen Trinkgeld von 39,24 Euro. Alles, was darüber liegt, ist voll sozialversicherungspflichtig.
Doch immer mehr Menschen zahlen digital – und die Höhe des Trinkgelds wird damit über die Registrierkasse nachvollziehbar, zuordenbar und vor allem für die Krankenkassen prüfbar. Entsprechend gab es unangenehme Post der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) für mehrere Betriebe mit massiven Nachforderungen.
Aufschrei im Gastgewerbe
Aus dem Hotelgewerbe, der Gastronomie und der Wirtschaftskammer erschallte schnell der Ruf nach einer Abgabenbefreiung. Rückendeckung kam von faktisch allen Landeshauptleuten und auch aus der Bundesregierung selbst, etwa von Neos-Staatssekretär Sepp Schellhorn. Tourismus-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner versprach in den VN eine “Lösung des Problems”. Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) versichert, an einer einheitlichen Lösung für ganz Österreich zu arbeiten.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Zögerlicher ist der Finanzminister Markus Marterbauer. Denn “Beiträge, auch aus Trinkgeldern, ziehen im Gegenzug auch Leistungen für die Beschäftigten nach sich. Wenn man weniger einzahlt, werden auch Pension und Arbeitslosengeld niedriger”, erklärte er am Rande einer Pressekonferenz.
Vonseiten der Gewerkschaft vida erinnert man daran, dass eine Abgabenbefreiung vor allem zugunsten der ebenfalls abgabenpflichtigen Arbeitgeber zugutekäme. Damit werden Arbeitslosengeld oder auch die Krankenversicherung finanziert. “Sie kommen in Form von sozialer Absicherung wieder bei den Beschäftigten an”, erinnert Landesvorsitzender Reinhard Stemmer. Gerade bei niedrigen Einkommen ist jeder Beitrag zur Pension, zum Arbeitslosen- und Krankengeld entscheidend. “Wer möchte, dass Menschen in der Branche bleiben, muss sie anständig bezahlen und sich an die bestehenden Spielregeln im Kollektivvertrag halten. Tourismus-Beschäftigte dürfen nicht von Trinkgeld abhängig sein.”
Das Leben kostet Geld
Der Argumentation Marterbauers kann Suvada wenig abgewinnen. “Natürlich ist die Lebenssituation im Alter anders als jetzt. Aber wie sollen wir jetzt unsere Familien erhalten, Kinder, Wohnungen und Kredite finanzieren? Wie sollen wir jetzt überleben, wenn wir jetzt mehr zahlen müssen?”