“Einseitig auf dem Rücken der Arbeitnehmer zu sparen, geht nicht”

Sozialpartnerschaft gefordert: Bei der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer in Feldkirch nahmen AK-Präsidentin Renate Anderl und AK-Vorarlberg-Präsident Bernhard Heinzle im VN-Gespräch Stellung zu den aktuell wichtigsten Themen aus Sicht der Arbeitnehmer.
Feldkirch Alle neun Jahre findet die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer in Vorarlberg statt. Heuer stand diese Versammlung der Arbeitnehmervertretung am Freitag in der AK Feldkirch im Zeichen von Budgetkonsolidierung, Wirtschaftskrise und dem trotz oder wegen aller Herausforderungen wieder stärker gewordenen Einfluss der Sozialpartner in der Politik.
“Habe Aufschrei erwartet”
Doch auch wenn die Sozialpartner wieder mehr gehört werden, ist längst nicht alles eitel Wonne. Dass beim AMS gespart werde, so die Präsidentin der Bundesarbeitskammer, Renate Anderl, gehe gar nicht angesichts der Situation am Arbeitsmarkt. “Es ist klar, dass das Arbeitsmarktservice mehr Mittel und mehr Personal braucht.” Einsparungen, wie sie z. B. in Vorarlberg angekündigt seien, gehen nicht – so Anderl und der Präsident der Arbeiterkammer Vorarlberg, Bernhard Heinzle, im Gespräch mit den VN. “Es ist verwunderlich, dass die Wirtschaft hier nicht aufschreit”, so Heinzle, denn es gehe darum, dass man mit guter Beratung die richtigen Leute an den richtigen Arbeitsplatz bringen könne und um die Weiterqualifizierung.

Die Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften ist für die Arbeiterkämmerer prioritär. “Das muss auch von den Betrieben selbst wieder forciert werden”, so Anderl. Viele Weiterbildungsmaßnahmen zahlen die Arbeitnehmer selbst. Doch “wer Fachkräfte braucht, muss sie auch selbst weiterbilden”. Nicht nur in Sachen Weiterqualifizierung sehen Anderl und Heinzle eine Notwendigkeit – es gehe auch um die schulische Bildung insgesamt.
Es sei dringend notwendig, dass die Bildungsbasis stimme, insistiert der Vorarlberger AK-Präsident und nennt Rechen- und Rechtschreibdefizite, die oft nur durch Nachhilfe ausgeglichen werden. Anderl: “167 Millionen Euro haben zuletzt in Österreich Eltern für private Nachhilfe ausgegeben.” Mit Bildungsminister Christoph Wiederkehr habe man da aber eine gute Gesprächsbasis, “wir bringen unsere Ideen ein und haben die Chance zu gestalten”, er sei in vielen Bereichen ein Verbündeter.
“Keine Chance für Ältere”
Weniger bis gar keine Übereinstimmung gibt es indes mit der Industriellenvereinigung, die ein höheres Pensionsalter fordert. “Präsident Georg Knill vergisst dabei, dass die österreichischen Arbeitnehmer sehr fleißig sind”, außerdem wissentlich, dass ältere Arbeitnehmer in vielen Betrieben gar keine Chance haben, länger zu arbeiten. Von 20.000 Betrieben, die von der Bundesarbeitskammer untersucht worden seien, habe ein Viertel gar keine Mitarbeiter über 60 angestellt. Einseitige Maßnahmen am Rücken der Arbeitnehmer gebe es auf jeden Fall nicht. Bezüglich der Lebensleistung vieler Arbeitnehmer bringt Anderl das Beispiel “Pflege”. Nicht nur Bauarbeiter sind für Anderl und Heinzle Schwerarbeiter, das gelte genauso für Pflegerinnen oder Kindergartenpädagogen, die in höherem Alter einfach nicht mehr die Kraft haben, die notwendig ist.
“Eingriffe in die Preise”
“Wir brauchen Eingriffe in die Preise, nicht in Lohnverhandlungen”, nimmt Anderl zu den aktuellen KV-Verhandlungen und der aktuellen Wirtschaftslage Stellung. Und wie man sehe, seien die Abschlüsse mit dem Rückgang der Inflation wieder auf ein anderes Niveau gesunken. Zur Budgetsanierung pocht sie aber auf jeden Fall darauf, dass nicht nur die Arbeitnehmer die Zahler seien. “Wir sehen die Bankenabgabe positiv, auch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes sei gut.” Erbschaftsteuer und Abgaben auf Stiftungen seien ebenfalls Mittel zur Budgetsanierung. “Wir reden da nicht vom Häuslebauer”, stellen sie und Heinzle klar. Und was auch eine Aufgabe für die Regierung sei, “ist, den Wildwuchs bei den Förderungen zu beenden. Das müssen wir in den Griff bekommen.”