Experte Flatz: “Börsen trotzen geopolitischen Risiken”

Experte Christoph Flatz (Sparkasse) zur Situation zwischen Unsicherheit und Zuversicht und robusten Märkten.
Dornbirn Das erste Halbjahr 2025 war geprägt von politischen Verwerfungen, geopolitischen Eskalationen und wirtschaftlicher Unsicherheit – begleitet von hoher Volatilität. Dennoch zeigen sich die Märkte erstaunlich robust: Globale Aktien notieren laut MSCI World in Euro nur leicht im Minus, viele Indizes erreichten neue Höchststände. Die rasche Erholung nach dem April-Einbruch war historisch: Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg wurden Verluste so schnell ausgeglichen und übertroffen. Auch die Anleihemärkte schwankten stark, getrieben von Sorgen um die US-Staatsverschuldung.
Die US-Wirtschaft überraschte mit einem BIP-Wachstum von 3 % im zweiten Quartal – deutlich über den Erwartungen von 2,4 %. Im ersten Quartal war sie noch um 0,5 % geschrumpft. Die deutsche Wirtschaft hingegen verzeichnete ein Minus von 0,1 %. Der US-Arbeitsmarkt bleibt stabil, der Konsum zieht an. Die Fed beließ den Leitzins zwar unverändert, doch zwei Mitglieder forderten eine sofortige Senkung – laut Sinicyna Margarita die “chaotischste Entscheidung seit Jahrzehnten”. Die Sitzung wurde als “hawkish” gewertet, was sich auch in den Marktreaktionen widerspiegelte. Die EZB ließ ihre Zinsen ebenfalls unverändert.
Nach monatelanger Unsicherheit haben sich die Europäische Union und die Vereinigten Staaten diese Woche auf ein neues Zollabkommen geeinigt. Die USA setzen Zölle auf europäische Waren auf 15 % (Stahl und Aluminium: 50 %), die EU verzichtet auf Gegenmaßnahmen und verpflichtet sich, verstärkt US-Produkte wie Energie und Rüstungsgüter zu importieren. Details sind noch offen und führen innerhalb der EU bereits zu Diskussionen.
Besonders erfreulich zeigt sich in diesem Umfeld der österreichische Aktienmarkt: Trotz schwächelnder Konjunktur entwickelt sich die Wiener Börse hervorragend. Die Österreich-Aktienfonds der Erste Asset Management profitieren dabei insbesondere von der starken Performance der Banken – allen voran der Erste Group, die nach dem Erwerb der Bank Santander Warschau mit Polen einen riesigen Wachstumsmarkt erschließen möchte. Der ATX steht kurz davor die alten Höchststände vor 17 Jahren zu übertreffen und hebt sich damit deutlich von der allgemeinen Wirtschaftslage ab.