Börsentipp: Was passiert, wenn die Fed ihre Unabhängigkeit verliert?

Stefan Bruckbauer (UniCredit Bank Austria) über die US-Wirtschaftspolitik und die Folgen.
Wien Von der US-Wirtschaftspolitik geht weiterhin hohe Unsicherheit für die Weltwirtschaft aus. In erster Linie denkt man an die Zollpolitik, deren konkrete Ausgestaltung weiterhin mit vielen Fragezeichen versehen ist. Aber tatsächlich könnte ein anderer Bereich für die Weltwirtschaft, vor allem für den Finanzmarkt, noch stärkere Auswirkungen haben: der Kampf um die Unabhängigkeit der US-Zentralbank, der Fed.
Dabei muss man verstehen, dass unabhängige Zentralbanken erst das Ergebnis verschiedener Krisen waren und Zentralbanken immer der Gefahr ausgesetzt waren bzw. sind, günstige Rahmenbedingungen für die Finanzierung des Staates schaffen zu müssen.
Der Preis dafür sind höhere Inflation, Währungskrisen und erhöhte Inflationserwartungen, die langfristig zu deutlich höheren, für Staat und Wirtschaft schädlichen Zinsen führen. Daher ist es vielen Zentralbanken von Industrieländern nach den Wirtschafts- und Inflationskrisen der 70er- und 80er-Jahre gelungen, mehr tatsächliche Unabhängigkeit zu erreichen.
Die Früchte dieser Politik haben wir gerade im Euroraum ernten können. Obwohl die Inflation im Euroraum vor drei Jahren über 10 Prozent lag, ist es gelungen, sie wieder auf 2 Prozent zu reduzieren, und die Geldmarktzinsen liegen ebenfalls wieder bei 2 Prozent.
In den 1980er-Jahren dauerte dies fünf Jahre mit Zinsen über 10 Prozent auch für Deutschland, und auch fünf Jahre später lagen die Zinsen noch bei über 6 Prozent. Diese Errungenschaft einer stabilen Inflationserwartung auch nach Schocks scheint nun zumindest in den USA gefährdet. Auch wenn kurzfristige positive Effekte etwa für den Aktienmarkt von einer Zinssenkung auf die gewünschten 1,5 Prozent ausgehen könnten, würde der Anleihemarkt mit deutlich höheren Zinsen für US-Staatsanleihen reagieren, im Bereich jenseits von 5 Prozent. Der US-Dollar würde deutlich abwerten, gegenüber dem Euro ist ein Wert von 1,35 durchaus realistisch, was die EZB wohl zu zusätzlichen Zinssenkungen bewegen würde, vielleicht bis 1,25 Prozent aufgrund der deflationären Wirkung des hohen Wechselkurses.
Auch wenn die kurzfristigen Folgen auf den ersten Blick nicht dramatisch wirken, hätte dies langfristig aufgrund höherer Realzinsen, speziell im US-Dollar-Bereich, deutlich negative Wirkungen auf das langfristige Wachstum und auch auf die Stabilität des Weltfinanzsystems. Vom steigenden Druck auf Zentralbanken in anderen Ländern ganz zu schweigen.