Gerhard Fehr zum Mahrer-Rücktritt und worum es in Wahrheit wirklich ging

Die VN fragen den angewandten Verhaltensökonomen Gerhard Fehr: Harald Mahrer musste diese Woche seinen Hut nehmen. Wie funktioniert das politische System in Österreich und wer vom Stillstand wirklich profitiert?
Warum musste Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer gehen?
Weil seine eigene Partei ihn nicht mehr wollte. Die ÖVP zog ihre Unterstützung zurück – leise, aber klar. Mahrer war zu eigenständig, manchmal zu laut, am Ende zu schwer steuerbar. Die Gehaltsdebatte war nur der Auslöser. In Wahrheit ging es um Loyalität, nicht um Leistung. In Österreich endet Macht selten öffentlich – meist hinter der Tür. Mahrers Abgang zeigt: Wer zu viel Eigenständigkeit zeigt, verliert in einem System, das lieber Stabilität wahrt, als Vertrauen zu riskieren.
Gilt das nur für die ÖVP – oder für alle politischen Parteien?
Für alle. Jede Partei schützt zuerst sich selbst. Dieses System hat Österreich jahrzehntelang stabil gehalten, doch heute bremst es uns leider aus. Politik denkt zu oft an Machtbalance statt an Wirkung und Veränderung für den Bürger. Es geht um Ruhe, nicht um Richtung. So ähneln sich alle, auch wenn sie sich laut unterscheiden – im Bewahren, nicht im Bewegen. Das politische System hat das Streiten eigentlich nie gelernt – und damit auch Schwierigkeiten beim Gestalten, wenn’s eng wird. Wer immer nur sichert, lernt nicht die Fähigkeit, zu verändern.
Warum profitiert nur die FPÖ vom Stillstand – obwohl sie selbst gleich funktioniert?
Weil sie das Spiel besser erzählt, nicht anders spielt. Die FPÖ nutzt die Veränderungsunfähigkeit der anderen, obwohl sie selbst genauso funktioniert: intern loyal, nach außen laut. Sie verkauft Frust als Haltung und Einfachheit als Lösung. Ihr Erfolg zeigt kein neues System – nur, dass sie das alte geschickter inszeniert. Sie ist kein Gegenmodell, sondern ein Spiegel – mit lauteren Farben und einer Sprache, die mehr trifft, als sie erklärt.