„Ich lasse mich nicht mundtot machen“

Menschen / 29.07.2020 • 22:22 Uhr
Dunja Hayali engagiert sich gegen Rassismus und Hass im Internet. 2018 erhielt sie das deutsche Bundesverdienstkreuz. ZDF/Tino Sieland
Dunja Hayali engagiert sich gegen Rassismus und Hass im Internet. 2018 erhielt sie das deutsche Bundesverdienstkreuz. ZDF/Tino Sieland

Dunja Hayali über Rassismus und ihren Polit-Talk in Coronazeiten.

Berlin Sie gehört zu den profiliertesten Journalistinnen im deutschen Fernsehen: Dunja Hayali. In der neuen Staffel ihres Talkmagazins „dunja hayali“ im ZDF beleuchtet sie in Reportagen und Interviews aktuelle Themen.

 

Frau Hayali, in den sozialen Medien sind Sie schon seit Jahren Hass und Anfeindungen ausgesetzt. Hat sich daran etwas geändert?

Hayali Der Hass und die Hetze sind subtiler geworden. Die Leute haben registriert, dass ich zweimal geklagt und zweimal gewonnen habe, dem wollen sie aus dem Weg gehen. Zwischendurch gab es eine Zeit, da habe ich mir vor jedem Posting fünfmal überlegt, ob ich mir wieder den nächsten Shitstorm antun will. Aber das ist ja genau das, was die wollen. Uns beziehungsweise mich mundtot machen, nur wir dürfen diese Idioten nicht bestimmen lassen, was wir sagen dürfen.

 

Klingt, als wären Sie eine ziemliche Kämpfernatur …

Hayali Ich finde, das ist alternativlos. Aber vielleicht ist es auch nur meine Herzensbildung. Okay, oder mein Dickkopf.

 

Sie engagieren sich seit Jahren gegen Rassismus. Sind Sie froh, dass es nun eine breite gesellschaftliche Debatte über das Thema gibt?

Hayali Ehrlich gesagt dachte ich schon vorher, die Debatte wäre in der Gesellschaft angekommen, aber das habe ich wohl überschätzt. Mein Engagement gegen Rassismus habe ich immer als Kampf für jede Minderheit begriffen. Durch George Floyd und die Rassismus-Debatte ist die Diskussion jetzt noch mal größer geworden.

 

Wie äußert sich das zum Beispiel?

Hayali Wenn jemand sagt: „Hey, du kannst gut tanzen, aber klar, du bist ja schwarz“, dann meinen das die meisten Menschen sicher nicht böse. Dass allerdings auch der sogenannte positive Rassismus ein No-Go ist und das Gegenüber verletzt, dafür ist genau jetzt die Zeit es zu erklären und den Wandel in den Köpfen und in der Sprache herbeizuführen.

 

In den Sommerwochen präsentieren Sie neue Folgen Ihres Polittalks – ohne Studiopublikum …

Hayali Leider, ja. Das finde ich schade, weil mir der Austausch mit dem Publikum großen Spaß macht und weil mir die spontanen Reaktionen fehlen. Trotzdem ist es richtig, denn Abstandhalten ist das oberste Gebot.

 

Um welche Themen geht es?

Hayali Bildung, häusliche Gewalt, Rassismus, Massentierhaltung, Integration nach über fünf Jahren „Wir schaffen das“, und noch mehr.

 

Zuletzt wurden Journalisten mehrmals tätlich angegriffen. Haben Sie selber bei Ihren Außeneinsätzen nun mehr Angst als zuvor?

Hayali Wenn ich rausgehe und arbeite, bin ich so fokussiert, dass ich solche Gefühle nicht zulasse. Natürlich spielt es auch eine Rolle, wo man hingeht. Wenn ich zu einem Neonazi-Konzert fahre, weiß ich, was mich erwartet. Ich lasse mich davon aber nicht abschrecken, das wäre ja noch schöner. ski