Dem Trauma auf der Spur

Astrid Lampe ist auf dem Gebiet der Psychotraumatologie eine Expertin.
Schruns Ihr beruflicher Werdegang bereitete sie sukzessive auf die Funktion vor, die sie heute ausfüllt. Primaria Univ. Prof. Dr. Astrid Lampe (55), Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, leitet seit gut zwei Monaten den neuen Fachbereich Psychiatrische Rehabilitation in der Reha-Klinik Montafon. Sie hat die Verantwortung für die Abteilung „Psychische Gesundheit“, die 62 Patienten aufnehmen kann.
„Viele unserer Patienten haben eine sehr leidvolle Lebensgeschichte oder ein Trauma erlitten.“ Die Patienten flößen Lampe großen Respekt ein. „Es ist mutig von ihnen, dass sie zu uns kommen und sich und uns eine Chance geben.“ Das sei alles andere als selbstverständlich. Denn: „Ein Trauma zerstört das Vertrauen in die Welt, in das Leben und in die Menschen.“
Mittels verschiedener Therapien – Gesprächs-, Gruppen-, Kunst-, Musik- oder Physiotherapie – versuchen Lampe und ihr Team vom Leben gebeutelte Menschen im geschützten Rahmen der Klinik zu helfen. „Man kann ein Trauma verarbeiten. Es kann verheilen, auch weil Selbstheilungskräfte aktiviert werden können. Aber es bleiben oft Narben.“ Freilich: Ganz weg sei das Trauma nie. „Doch man kann damit leben lernen.“
Lampe ist eine Trauma-Spezialistin. Und das kam so: Bereits als Jugendliche entwickelte die Tochter eines Reisebürounternehmers aus Hall in Tirol Interesse für die Psychosomatik, welche sich mit der Bedeutung psychischer Vorgänge für Entstehung und Verlauf von Krankheiten befasst. Eine Nachbarin, die an chronischen Schmerzen litt, weckte das Interesse hierfür. „Der Bruder der Nachbarin, ein Arzt, der später mein Mentor wurde, erklärte mir, wie Körper und Seele zusammenspielen. Das fand ich spannend und es leuchtete mir ein.“
Nach der Matura studierte die junge Frau Medizin. Das Studium war aber nicht das, was sie sich erwartet hatte. „Es war mir zu eindimensional und zu sehr am mechanistischen Weltbild orientiert. Mir fehlt was, wenn man den Menschen bzw. den Körper nur als Maschine sieht.“ Ihre Dissertation schrieb sie zum Thema: „Die Bedeutung belastender Lebensereignisse zur Auslösung chronischer (Rücken)Schmerzen.“ Die Dissertantin bildete sich fort und ließ sich zur klientenzentrierten Gesprächstherapeutin ausbilden, „weil ich den Menschen in seiner Komplexität und die Wechselwirkung zwischen körperlicher Verfassung, Psyche und sozialen Umständen verstehen wollte.“
Nach dem Studium absolvierte sie eine Psychoanalyse-Ausbildung beim Arbeitskreis für Psychoanalyse in Innsbruck. Außerdem ließ sie sich an der medizinischen Universität Innsbruck zur Fachärztin für Psychiatrie ausbilden. Ihre ersten Sporen verdiente sich die Psychiaterin in der Klinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie. Dort brachte sie es im Lauf der Jahre bis zur stellvertretenden Direktorin.
Als Konsiliarärztin betreute sie aber auch jahrelang Patientinnen auf der gynäkologischen Abteilung der Universitätsklinik Innsbruck. „Da stolperte ich über das Trauma.“ Die Psychiaterin behandelte unter anderem Frauen mit chronischen Unterleibsschmerzen. „Viele davon hatten in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erlebt. Der einzige Ausdruck des Traumas sind Schmerzen.“ Das machte die Ärztin zornig. Denn: „Gewalt an Kindern zerstört ihr Leben, wenn sie keine Hilfe bekommen. Leben wird durch Missbrauch, Misshandlung oder Vernachlässigung zugrunde gerichtet.“ Ihr Engagement und ihre Anteilnahme gipfelten darin, dass sie in Innsbruck eine psychotherapeutische Traumaambulanz gründete.
Die Thematik fesselte die Seelenärztin so sehr, dass sie ihr Wissen darüber vertiefen wollte. Lampe lernte bei keiner Geringeren als Luise Reddemann, die auf dem Gebiet der Psychotraumatologie eine Pionierin war und die Psychodynamisch imaginative Traumatherapie entwickelte.
Lampe, die ehemalige Vorsitzende der deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie, übersiedelte von Tirol nach Vorarlberg, „weil es mich reizt, in Schruns eine moderne Psychosomatik aufzubauen mit Schwerpunkt Psychotraumatologie“. Ihre Arbeit empfindet die Nervenärztin als sinnstiftend. „Denn man kann oft helfen.“ Das Schönste an ihrem Beruf sei der Kontakt zu den Patienten. Diese haben sie Vertrauen ins menschliche Wachstum gelehrt. „Es kann was werden, trotz allem.“ VN-kum
„Viele unserer Patienten haben eine sehr leidvolle Lebensgeschichte oder ein Trauma erlitten.“



Zur Person
Dr. Astrid Lampe
möchte eine moderne Psychosomatik in der Schrunser Rehaklinik aufbauen.
Geboren 3. November 1965
Wohnort Schruns/Hall
Familie verheiratet, eine Tochter, eine Stieftochter
Hobbys Pferde, Kunst