Die ganz andere Seifenoper

Menschen / 03.02.2022 • 19:49 Uhr
Sanfte Herstellung: Im Rührkessel werden biologische Öle, Extrakte, und Laugen gemischt.
Sanfte Herstellung: Im Rührkessel werden biologische Öle, Extrakte, und Laugen gemischt.

Wie eine Vorderwälderin mit ihrer Familie eine Wiener Tradition bewahrt.

Wien Sonja Baldauf aus Doren ist Seifensiederin in Wien. Ihr Weg zur Seife und nach Wien ist genauso bemerkenswert wie ihr Erfolg als Unternehmerin. „Außer, dass sich meine Oma ihre Haare mit Seife gewaschen hat, bin ich ohne Seife aufgewachsen. Bei uns gab es Duschgel.“ Von beruflicher Selbstständigkeit wurde ihr früh abgeraten. „Mein Vater war Elektriker und führte sein eigenes Unternehmen. Er arbeitete hart und meinte schon, als ich noch ein Kind war: Mach dich nicht selbstständig. Heute weiß ich aber, dass mein Vater als Handwerker und Unternehmer glücklich war.“ Denn das Unverhoffte tat sie ihm auf ihre Weise gleich: Traditionelles Seifensieden ist echtes Handwerk. Bis dahin war es aber noch ein weiter Weg.

Nach einer Anstellung bei der Hypobank entdeckte Baldauf die Grafik als Autodidakt für sich. Ab 1987 arbeitete sie als Verpackungsdesignerin für Piz Buin in der Schweiz. Das Unternehmen wurde später aufgekauft. Globalisierung und Massenproduktion ersetzten Qualität. „Diese Amerikanisierung degradierte den eigentlichen Wert der Produkte. Das enttäuschte mich.“ Dann, 2004, sah sie diesen Film über den einzigen Seifensieder Wiens. „Ich war fasziniert von seinen Seifen und habe ihn sofort angerufen.“ Mit 45 kündigte sie schweren Herzens, aber aus Überzeugung ihren Job, den sie immer gerne gemacht hatte.

Nägel mit Köpfen

Baldauf wollte die Wiener Seifen in der Schweiz vertreiben, doch der Seifensieder verstarb plötzlich. Kurz­entschlossen fuhr sie nach Wien. „Dieser Duft, der Schaum – ich hatte noch nie so eine Qualität auf meiner Haut gespürt. Diese Tradition wollte ich bewahren.“ Das Unternehmen war leider nicht zu übernehmen. Die originalen Rezepte jedoch schon. Diese erarbeitete sie sich in hartnäckiger Manier. Baldauf eröffnete schließlich 2006 ihre eigene Seifensiederei und machte Nägel mit Köpfen.

Sie und ihr Mann verkauften das Haus in Zürich und Baldauf zog nach Wien. Das erste Jahr war von Unsicherheit und Entbehrung geprägt. „Ich wohnte in einer Einzimmerwohnung, das WC war am Gang.“ Als sich der Erfolg allmählich einstellte, erreichte sie ihr zweites großes Ziel. Ihre Firma hieß fortan „Wiener Seife“. Das „Wiener“ Attribut wird in der Bundeshauptstadt nicht so schnell vergeben. Heute hat sie 21 Angestellte und verkauft 70 verschiedene Sorten. Ihr Mann ist heute auch ihr Seifensieder, ihre Tochter leitet die Filiale in der Schweiz. Wenn es mal nicht um Hautpflege geht, pflegt Baldauf Pflanzen oder entdeckt als großer Wien-Fan die Kulturstadt mit ihrer Kamera.

Heimweh hat sie dennoch manchmal. „Weil Vorarlbergerin bleibe ich auch in Wien.“ TON

„Bei uns ist alles handgefertigt. Weil echtes Handwerk braucht Zeit.“

Baldauf war dem heutigen Seifentrend voraus. „Das alles auf die Beine zu stellen, war ein großer Kraftakt.“Wiener Seife
Baldauf war dem heutigen Seifentrend voraus. „Das alles auf die Beine zu stellen, war ein großer Kraftakt.“Wiener Seife
Baldauf: „Meine Kunden kommen wieder, nicht weil meine Seifen so nett ausschauen, sie kommen wegen der Qualität.“
Baldauf: „Meine Kunden kommen wieder, nicht weil meine Seifen so nett ausschauen, sie kommen wegen der Qualität.“
Traditionelles Handwerk mit 140-jähriger Schneidemaschine.

Zur Person

Sonja Baldauf

Geboren 12. Jänner 1961 in Doren

Familie verheiratet mit Christoph Hegglin, Mama von Caroline

Wohnort Wien, Landstraße

Ausbildung HAS Bregenz

Beruf Seifensiederin/Unternehmerin

Kontakt www.wienerseife.at