„Bewusst schöpferisch gestalten“

Menschen / 26.06.2022 • 17:17 Uhr
Im Reparaturcafé wird Achtsamkeit im Umgang mit Ressourcen gelebt. Renate Rigger
Im Reparaturcafé wird Achtsamkeit im Umgang mit Ressourcen gelebt. Renate Rigger

Die vierfache Mama Renate Rigger lebt Achtsamkeit im Reparaturcafé und ist in der Flüchtlingshilfe aktiv.

DORNBIRN Schon mit zwölf durchstreifte Renate Dachböden, um alte Materialien aufzuarbeiten. Aus alten Stoffen entwarf und nähte sie Kleidungsstücke. Upcycling war schon damals ihre Lieblingsbeschäftigung und sie wollte in logischer Konsequenz Modedesignerin werden. Nach der PÄDAK – Kunsterziehung und Werken – in Graz unterrichtete Renate in der Steiermark und leitete die Theatergruppe im Ort. „Dann zog es mich zum Kunstgeschichte- und Ethnologie-Studium und mir wurde klar, dass Kunst- und Kunstvermittlung meine Stärke sind.“ 1986 kam sie der Liebe wegen nach Dornbirn und widmete zunächst ihre Zeit ihren vier Kindern. Im Dornbirner Stadtmuseum und im KUB in Bregenz war sie als Kunstvermittlerin tätig und unterrichtete danach am BG Dornbirn. „Als Kunst- und Werkerzieherin konnte ich mit den SchülerInnen meine Lieblingsthemen Kunst, Mode, Umwelt, Nachhaltigkeit und Ermunterung zum kritischen Denken umsetzen“, freut sich Renate. „Mit der Schultheatergruppe konnten wir auch im Rahmen der Schultheatertage jahrelang unseren kreativen Beitrag einbringen. Neben dem Regelunterricht habe ich das Wahlfach ,Modedesign’ ins Leben gerufen, wo wir mit alten Stoffen und Abfall gearbeitet haben und eine Modenschau durchführten. Kreativität im Sinne von offen, frei, unkonventionell, fantasievoll, mutig, aber auch sozial.“

Ressourcen sparen

Als Pädagogin war es Renate immer wichtig, zu vermitteln, den Wert von Materialien zu erkennen, nachzuforschen, woher sie kommen, einen kritischen Blick auf Produktionsketten zu werfen, Qualität vor Quantität zu stellen und Einblick in nachhaltiges Tun zu erlangen. „So kam ich zum Reparaturcafé, das Juliane Alton 2019 ins Leben rief, wo ich für Textiles verantwortlich bin.“ Nachhaltig zu wirken mit alten Materialien und Geräten macht dem gesamten ehrenamtlichen Team viel Freude. „Wir sind gut besucht und unsere Erfolgsquote kann sich sehen lassen“, sagte Renate stolz. Das Reparieren sei modern geworden und die Wegwerfkultur wird eingedämmt. „Die Modeindustrie als zweitgrößter Umweltverschmutzer muss sich ändern“, fordert Renate. „Hin zur Qualität, zu fairen und sauberen Produktionsweisen bis hin zum Recycling.“ Es gibt positive Ansätze wie Cradle to Cradle-Produkte, die in Kreislaufwirtschaft hergestellt werden, oder das Second-Hand-System. „Die Räumlichkeiten unseres Reparaturcafés in der Bahnhofstraße werden gerade umgebaut, daher sind wir für ein halbes Jahr ins Areal ,Kleiner Luger’ umgezogen – ich hoffe, man findet uns auch dort.“

Überlebenshilfe

Den Menschen, die aus Not zu uns kommen, vorurteilsfrei zu begegnen und ihnen unsere Sprache als Basis zu vermitteln, ist für Renate Rigger das Um und Auf in der Flüchtlingshilfe. 2015 war ihre Tochter in Wien bei „train of hope“ tätig und lernte ihren heutigen afghanischen Ehemann kennen. „Wir unterstützen so gut wie möglich seine Familie in Kabul, von der zwei Mitglieder von den Taliban getötet wurden“, erzählt Renate. „Es hat sechs aufreibende Jahre gedauert, bis unser Schwiegersohn Asyl bekam. Derzeit unterstütze ich eine junge Afghanin, die vor Kurzem Arbeit gefunden hat und in Dornbirn wohnt. Auch wir LehrerInnen vom BG Dornbirn haben an der Schule Sprachkurse angeboten, die gut besucht waren. Es ist wichtig, den Menschen vorurteilsfrei zu begegnen und nicht die Geflüchteten als homogene Masse hinzustellen – etwa „alle Afghanen sind Mörder“ – stattdessen den einzelnen Menschen zu sehen und zu differenzieren. Vereine spielen eine große Rolle, etwa der ,Kontaktchor’ von Ulrich Gabriel.“ Laut Renate brauchen wir Kollaboration und eine nachhaltige (Natur)Kreislaufwirtschaft für den sozialen Frieden in der Gesellschaft und den Erhalt oder Wiederherstellung eines intakten Ökosystems. Die Kluft zwischen Arm und Reich muss geschlossen werden, denn Ungerechtigkeit gefährdet die Demokratie. „Die Politik hat die Aufgabe, Strukturen zu schaffen, nach denen wir nachhaltig leben können“, betont Renate Rigger. VD

„Statt Wachstum auf Teufel komm raus brauchen wir Qualität in allen Lebensbereichen.“

Renate immer aktiv in Sachen Naturerhalt und Aufforstung.
Renate immer aktiv in Sachen Naturerhalt und Aufforstung.
Schon als Zwölfjährige durchstreifte Renate Dachböden und widmete sich dem Upcycling.
Schon als Zwölfjährige durchstreifte Renate Dachböden und widmete sich dem Upcycling.
Kunst- und Kulturvermittlung ganz besonders im Sinne eines nachhaltigen Lebens und für die Flüchtlingshilfe und -integration.
Kunst- und Kulturvermittlung ganz besonders im Sinne eines nachhaltigen Lebens und für die Flüchtlingshilfe und -integration.

Zur Person

Renate Rigger

Alter 68

Ausbildung Päd. Hochschule Graz, Mag.phil. Kunstgeschichte, Europäische Ethnologie Uni Graz

Beruf(ung): Kunst- und Kulturvermittlung, positive Akzente setzen

Familie verheiratet, vier Kinder

Hobbys schöpferisch tätig sein, Garten, Tanzen

Lebensmotto „Kreativ sein in allen Lebensbereichen.“