
“Es ist alles ein Prozess”
Altachs Chefcoach Fabio Ingolitsch über seine Entwicklung und die seiner Mannschaft in den letzten Monaten.
Altach Nach sechs gespielten Runden kommt man nicht herum, zuzugeben, dass der SCR Altach die Überraschungsmannschaft in der Admiral Bundesliga ist. Die Rheindörfler stehen mit elf Zählern in der Tabelle auf Rang drei und stellen mit nur zwei Gegentreffern die beste Defensive der Liga. Die VN hat beim Cheftrainer Fabio Ingolitsch nachgefragt, wie sich sein Team von einem Abstiegskandidaten in der letzten Saison jetzt zu einer stabilen Truppe mausern konnte.
Herr Ingolitsch, was ist über den Sommer geschehen, dass sich die Mannschaft in dieser Saison derart gut präsentiert?
Wir haben als Klub in der Übergangsphase richtige Entscheidungen getroffen. Auf Grundlage der Art und Weise, wie ich mir unseren Fußball vorstelle. Die letzten vier Runden der abgelaufenen Saison waren da schon ein guter Gradmesser, da haben wir angesetzt. Die schnelle Integrierung der Neuzugänge Patrick Greil und Yann Massombo haben der Mannschaft einen guten Impuls gegeben, es hat sich schnell ein stimmiges Bild innerhalb des Teams ergeben. Auch, weil wir den großen Kader verkleinert haben. Zudem sind wir als Trainerteam vom ersten Tag weg in der Vorbereitung keine Experimente eingegangen, sind an jedes Testspiel wie an ein Bundesligamatch herangegangen. So wurden wir schnell zu einer eingeschworenen Einheit.
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Wie kann man sich diese Leistungsexplosion der ersten sechs Runden erklären?
Das ist ein Produkt von nachhaltiger Arbeit. Wir im Trainerteam haben immer daran geglaubt, dass der eingeschlagene Weg richtig ist. Dazu haben die Spieler in der Zeit seit ich beim Verein bin (9. Oktober 2024) ihre Aufgaben auf dem Feld verinnerlicht. Zudem konnten wir gut an unseren drei Säulen Intensität (was die Athletik betrifft, haben wir einen großen Schritt getan), Team (jeder kennt seine Rolle innerhalb der Mannschaft genau) und der Identität (die Art und Weise, wie wir Fußball spielen wollen) feilen. All diese Zutaten erklären den aktuellen Stand der Dinge ganz gut.
Auffallend ist, dass die fast idente Truppe, die dem Anstieg knapp entronnen war, jetzt so reif agiert.
Es war für die Neuen wie Greil und Massombo sicher von großem Vorteil, dass sie in eine funktionierende Mannschaft gekommen sind. Da läuft der Integrationsprozess viel schneller ab.

Wie ist es Ihnen über den Sommer gegangen, ihre Person als Cheftrainer stand ja in der Öffentlichkeit auch zur Diskussion?
Ich habe mich nie mit dem Thema, ob ich beim Verein bleibe oder nicht, auseinandergesetzt. Bei meiner Bestellung war klar, dass ich kein Feuerwehrmann bin, dass ich Dinge in eine Mannschaft implementieren möchte. Um ehrlich zu sein, die Gespräche im Sommer mit der neuen sportlichen Führung sind nie in diese Richtung gegangen.

War der Entscheid, weiter auf Sie als Coach zu setzen, dann auch ein Zeichen an Öffentlichkeit, Umfeld des Vereins und auch Mannschaft?
Ich weiß gar nicht, warum das so ein Thema wurde. Intern war es nie eines. Fakt ist aber, dass das Vertrauen für jeden ein ganz wichtiger Faktor ist. Ich habe hier vom ersten Tag an die absolute Freiheit bekommen, was auch ein Zeichen von Wertschätzung an meine Person ist. Zudem war auch immer klar, wenn mit mir, dann auch auf meine Art und Weise.
Wo haben Sie selbst den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung gemacht?
Die Entscheidung nach Altach zu kommen war wohl der größte Entwicklungsschritt für mich. Es war einer aus der Komfortzone heraus, weil ich mich einer speziellen Situation ausgesetzt habe, der Verein befand sich im Abstiegskampf. In Folge der Situation habe ich bzw. die Mannschaft viele Niederlagen einstecken müssen. Das hat mich sicher auch weitergebracht, weil ich mich als Trainer entwickeln musste, aber auch als Mensch. Ich denke, dass ich in dem letzten Jahr eine reifere Persönlichkeit geworden bin. Warum? Weil ich meine Denkmuster geändert habe aufgrund der Umstände. Ich musste, auch aufgrund meiner erst 33 Jahren, selbstkritisch agieren. Es ist alles ein Prozess, in dem man versucht das Beste zu machen, und wenn es nicht aufgeht, daraus zu lernen und den nächsten Weg zu finden.

Wo holen Sich Input bzw. Ideen für ihre Entwicklung?
Was den Fußball betrifft, versuche ich schon mein Ding durchzuziehen. Natürlich lässt man sich von neuen Dingen im Fußball inspirieren, aber ich bin da sehr klar, was meine Prinzipien betrifft. Ich möchte auf den Verhaltensweisen, die wir bislang implementiert haben, drauf bleiben. Dinge, die wir im Team vereinbart haben, sollen beibehalten werden. Persönlich gehe ich ein wenig weg von fußballspezifischen Dingen, will mich als Person weiterentwickeln. Da sehe ich viel Potenzial. Es ist extrem spannend als Trainer seine Spieler und auch den Betreuerstab, davon zu überzeugen, dass wir einen Weg gemeinsam gehen. Es zu schaffen, in ihre Köpfe zu kommen, aber auch ihre Herzen zu erwischen. Mir geht es dabei auch um eine soziale Verbindung zu meinen Spielern.
Wo sehen Sie sich persönlich in einem Jahr?
Mein Vertrag endet im Sommer 2026. Es laufen aktuell schon Gespräche über meine Berater mit dem Klub. Momentan können sich beide Seiten eine Verlängerung des Kontrakts vorstellen. Wir möchten dazu auch zeitnahe, also noch im Herbst, eine Entscheidung bekanntgeben. Ich kann es mir sehr gut vorstellen, weil wir hier gerade dran sind, etwas zu entwickeln. Den Weg gemeinsam weiterzugehen, ist gut vorstellbar für mich, aber da müssen natürlich gewisse Voraussetzungen geklärt sein.