“Geh nur vor die Kamera, wenn die Rolle gut ist”

Menschen / 10.08.2022 • 22:03 Uhr
Katerina Jacob (Anna) und ihr Untermieter. ARD Degeto/Guido Engels
Katerina Jacob (Anna) und ihr Untermieter. ARD Degeto/Guido Engels

Katerina Jacob über Senioren im Fernsehen und den Karriereknick nach „Der Bulle von Tölz“.

Berlin Die Krimiserie „Der Bulle von Tölz“ machte sie berühmt – jahrelang ermittelte Katerina Jacob in dem populären Format an der Seite von Ottfried Fischer. Im Fernsehfilm „Anna und ihr Untermieter“ (12. August, 20.15 Uhr, ARD) spielt sie eine patente Frührentnerin, die ein Zimmer ihrer Wohnung an einen älteren Herrn vermietet und ständig mit ihm im Clinch liegt.

 

Frau Jacob, in „Anna und ihr Untermieter“ geht es um Senioren. Kommt diese Generation im Fernsehen oft zu kurz?

Jacob Ja, im deutschen Fernsehen schon. In Filmen gibt es im Hintergrund zwar bisweilen die nette Großmutter, aber es geht nicht wirklich um diese Personengruppe. Ich glaube jedoch, es tut sich jetzt was. Die Amerikaner haben es uns mit Serien wie „Kominsky Method“ mit dem fast 80-jährigen Michael Douglas vorgemacht, und was dort gang und gäbe ist, kommt jetzt endlich hier auch an.

 

Ältere Menschen rücken auch hierzulande stärker in den Fokus der Film- und Fernsehmacher?

Jacob Ich glaube ja. Nehmen Sie „Anna und ihr Untermieter“. Als ich die Rolle bekommen habe, habe ich zehnmal nachgefragt: Meinen die wirklich mich? Muss ich jetzt erst 20 Kilo abnehmen? Aber nein, es hieß, ich sei ihre Traumbesetzung.

 

Verstehen Sie sich als Role Model für Ihre Generation?

Jacob Ja! Ich bin eine aus dem Volk. Ich trage nicht Kleidergröße 36, ich bin weder geliftet noch sonst was, ich habe meine grauen Haare, ich sehe aus wie 80 Prozent der Frauen in diesem Alter ausschauen.

 

Lange hieß es, Frauen jenseits der 50 bekommen keine Rollenangebote mehr. Hatten Sie eine Durststrecke?

Jacob Ja natürlich. Dadurch, dass ich nach Kanada gezogen bin und mich auf diese Art selber rausgenommen habe, wurde es noch schwieriger. Die Durststrecke kam nach dem „Bullen“, da war ich erstmal verbrannt, weil man hierzulande nach so einem Erfolg immer auf ein Rollenfach festgenagelt ist.

 

Vor drei Jahren wollten Sie die Schauspielerei sogar mal ganz hinschmeißen . . .

Jacob Weil nur Schrottangebote kamen. Frau ab 60, die im Rollstuhl sitzt und im ganzen Film nur ein Wort sagen darf. Oder die Großmutter, die nur nett zwitschernd durch die Gegend spaziert. Da sage ich: Habt ihr einen Schuss? Ich bin doch Schauspielerin, ich gehe nur vor die Kamera, wenn es ein super Buch ist, wenn es eine gute Rolle ist, wenn ich die Kollegen als Schauspieler akzeptieren kann. Und natürlich muss auch noch das Geld stimmen. Und „Anna“ hat genau das gebracht.

 

Und inzwischen sprudeln die Rollenangebote wieder?

Jacob Nein, leider nicht. Es ist nach wie vor für Frauen in unserem Alter sehr schwierig.

 

Sie haben öffentlich gemacht, dass Sie sich wegen Knoten in der Brust einer Operation unterziehen mussten. Warum diese Offenheit?

Jacob Ich habe etwa 180.000 Follower bei Facebook und Instagram, und die Leute nehmen mich als Vorbild. Was mich unglaublich ehrt. Und wenn ich was bewirken kann, wenn ich Frauen dazu bringen kann, zur Mammographie zu gehen, und ich rette damit nur zwei Leben, hat sich das gelohnt. ski