So, noch mal bei null angefangen

Menschen / 30.08.2022 • 18:20 Uhr
Seine Laufbahn als Fotograf begann Patrick Säly als Naturfotograf. Patrick Säly Photography (3)
Seine Laufbahn als Fotograf begann Patrick Säly als Naturfotograf. Patrick Säly Photography (3)

Patrick Säly „brennt“ nicht nur für die Fotografie, sondern seit Kurzem auch für feine Sachen für den Gaumen.

Tschagguns Der Vater war ihm immer ein Vorbild. Dass sein Papa dem Polizisten-Beruf nachging, imponierte Patrick Säly (51). „Ich wollte auch Polizist werden.“ Als Patrick acht Jahre alt war, zog er mit seinem Vater und seiner Schwester ins Silbertal. „Bis dahin hatte ich in Dornbirn gelebt. Aber dann ließen sich meine Eltern scheiden.“ Der Bub lebte sich in der neuen Umgebung schnell ein. „Ich fand über den Fußball-, Ski- und Musikverein Anschluss und hatte gleich Freunde“, erinnert er sich. Patrick war elf, als sein Vater noch einmal heiratete. „Das war gut für mich. Barbara war für mich wie eine Mama.“

Patrick absolvierte die Tourismusschule in Bludenz. „Zur Polizei konnte ich ja erst mit 18 gehen.“ Als er vom Bundesheer zur Stellung geladen wurde, stellte sich heraus, dass er aufgrund verkrümmter Lendenwirbel untauglich ist. Das hatte für den Montafoner weitreichende Folgen. Aufgrund seiner Untauglichkeit wurde er bei der Polizei nicht aufgenommen. „Für mich brach kurzfristig eine Welt zusammen.“ Patrick musste nun beruflich neue Wege suchen.

Zunächst heuerte er bei einer Versicherung an. „Das war aber nicht meins.“ Dann wechselte er zur Post. „Die Arbeit gefiel mir, weil ich mit Menschen zu tun hatte.“ Außerdem ließ sich die Tätigkeit bei der Post gut mit seiner neuen Lebenssituation vereinbaren. Patrick war inzwischen Ehemann und zweifacher Vater. „Die erste Zeit habe vorwiegend ich mich um die Kinder gekümmert, da meine Frau Andrea einen Frisiersalon betreibt.“ Im Jahr 2007 bewarb er sich bei der Gemeinde Tschagguns. „Es wurde jemand gesucht, der die Gemeindezeitung macht.“ Patrick bekam den Job, was für ihn ungeahnte Folgen hatte. Denn mit diesem fand er zum Beruf des Fotografen, der ihn bis heute erfüllt.

Und das kam so: „Ich habe für die Gemeindezeitung Fotos von der Turnsaal-Sanierung gemacht. Danach kam der Architekt auf mich zu. Er meinte, dass die Fotos sensationell seien, allein schon von der Perspektive her. Dann gab er mir den Ratschlag, ich solle zu fotografieren anfangen. Ich hätte das Auge dazu. Ein paar Tage später habe ich mir eine professionelle Spiegelreflexkamera gekauft.“ Das Handwerk der Fotografie brachte sich der Montafoner, der 2008 das Fotografengewerbe anmeldete, selbst bei. „Ich habe mir nächtelang YouTube-Videos angesehen und an Fotoworkshops teilgenommen.“

Talent allein, das merkte er bald, garantiert noch kein gelungenes Foto. „Das macht höchstens 10 Prozent eines guten Fotos aus.“ Seine ersten Fotos waren Landschaftsaufnahmen. „Ich bin gerne in der Natur.“ Für ein schönes Motiv muss(te) er oft weit gehen. „Es nimmt viel Zeit in Anspruch für das Bild.“ Schnell erweiterte Patrick sein fotografisches Spektrum. „Von der Naturfotografie kam ich rasch zur Tourismusfotografie. Ich habe Hotels für Werbezwecke fotografiert.“ Der Fotograf, der gerne Menschen in den Mittelpunkt rückt, wird mittlerweile aber auch von Hochzeitspaaren und Industriebetrieben gerne gebucht. Die Illwerke zum Beispiel engagierten ihn für das Projekt „Obervermunt II“.

Der Weg zum anerkannten Fotografen war jedoch kein leichter. „Es braucht lange, bis man sich einen Namen gemacht hat. Aber wenn man ein Ziel hat und dieses mit Fleiß und Hartnäckigkeit verfolgt, dann ist die Chance groß, dass man es erreicht. Freilich: Eine Garantie gibt es nicht, du kannst auch krank werden oder einen Unfall haben.“ Apropos Unfall: Im Februar des Vorjahres prallte Patrick auf der Skipiste mit einem anderen Skifahrer zusammen. Er erlitt so schwere Verletzungen, dass er mehrere Wochen außer Gefecht war. „Das zeigte mir, dass es noch andere Werte gibt als Business.“

Not machte erfinderisch

Auch die Pandemie holte ihn auf den Boden zurück. Von einem Tag zum anderen wurde der Fotograf nicht mehr gebucht. Die Not machte ihn erfinderisch. „Ich beschloss, mit dem Schnapsbrennen anzufangen.“ Patrick, der einmal mehr bei null begann, schaffte sich eine Brennanlage an und holte sich Tipps von erfahrenen Kollegen. „Ich war dann im Montafon unterwegs und habe Obst von Bekannten gelesen, im Vorjahr waren es vier Tonnen.“ Aus diesem Obst und jenem seiner 65 Obstbäume im eigenen Garten erzeugt er Edelbrände. „Bis zum Destillat, das den Menschen schmeckt, sind es mehr als 50 Arbeitsschritte“, zeigt er auf, wie aufwendig und diffizil das Ganze ist. Seit 2021 produziert Patrick auch Gin.

Im heurigen Frühling wurden acht seiner Edelbrände von der Landwirtschaftskammer prämiert. „Das ist wie ein Qualitätsgütesiegel. Zuerst konnte ich es gar nicht glauben, dass meine Destillate ausgezeichnet wurden.“ Diese Auszeichnung motivierte den Produzenten edler Tropfen. „Ich möchte weitermachen. Obst zu lesen und zu brennen hat einen meditativen Charakter. Da kommen mir die besten Ideen, vor allem in Bezug auf die Fotografie, die mittlerweile wieder meine Hauptbeschäftigung ist.“ vn-kum

„Es braucht lange, bis man sich als Fotograf einen Namen gemacht hat.“

Patrick Säly ist auch als Schnapsbrenner erfolgreich. Er heimste schon Medaillen ein.
Patrick Säly ist auch als Schnapsbrenner erfolgreich. Er heimste schon Medaillen ein.
Der 51-jährige Montafoner musste beruflich schon mehrmals neu durchstarten. Michael Kemter
Der 51-jährige Montafoner musste beruflich schon mehrmals neu durchstarten. Michael Kemter

Zur Person

Patrick Säly

Geboren 3. April 1971 in Hohenems

wohnort Tschagguns

Familie verheiratet, zwei Kinder

Hobbys Fischen, Reisen, E-Biken, Chillen

Lebensmotto Man muss nach vorne schauen, nicht zurück