Ein Mann, der Schmerz kennt

Vorarlberger Aktionskünstler Wolfgang Flatz ist am Sonntag 70 Jahre alt geworden.
schwarzach Seine künstlerischen Mittel sind Provokation und Autoaggression, sein Medium der Körper, sein Ziel: Hass und Mitgefühl. Der österreichische Aktionskünstler und Musiker Wolfgang Flatz wurde am Sonntag 70 Jahre alt.
Sein Diktum „Fressen Ficken Fernsehen“, mit dem er 1981 in Form eines riesigen Transparents die deutsche Sättigungsmentalität in Schlagworte brachte und den erhofften Zores erntete, erfreut sich als Postkartenspruch seit Jahrzehnten ungebrochener Beliebtheit. In Dornbirn steht seit 2009 das Flatz Museum. Er selbst lebt seit Mitte der 1970er-Jahre in München.
Dass ein Auto, das ihn 2012 als Fußgänger anfuhr und durch die Luft schleuderte, ihm 33 Knochenbrüche und lebensgefährliche Verletzungen zufügte, ausgerechnet Flatz, wie er sich als Künstlername abkürzt, die Grenzen seiner Physis aufzeigte, gleicht angesichts seiner Körperkunstgeschichte eigentlich einer bitteren Ironie. „Jeder weiß, was ein Kuss ist, jeder weiß, was Schmerz ist“, erklärte Flatz in einem Fernsehinterview die Wahl seines Mediums: den Körper selbst. Aus seinen Röntgenbildern machte er den Zyklus „Offensive Körperbilder“.
Er selbst kennt den Schmerz wohl ein Stückchen besser als die meisten: Ob er sich als menschliche Dartscheibe aufstellte, sich in einen Teppich in einem Foyer einnähte, sich als lebendes Glockenpendel kopfüber zwischen zwei Metallplatten im Walzertakt bewusstlos schlug, oder mit der blutigen Stirn so lang den Kopf gegen die Wand drosch, bis das Publikum ihn mit Gewalt daran hinderte – Flatz hat körperliche Aggression, Täterschaft, Voyeurismus und Mitleid zu den zentralen Wahrnehmungsstrategien seiner künstlerischen Praxis gemacht.
Am 4. September 1952 in Dornbirn geboren, machte Flatz zunächst eine Goldschmiedelehre in Feldkirch, ehe er in Graz Metalldesign studierte. 1975 verließ er Österreich Richtung München, studierte Goldschmiedekunst, Malerei und Kunstgeschichte.
Eine Art Privatmuseum
Seinen unverwechselbaren Stempel hat Wolfgang Flatz seiner Heimat München aufgedrückt. Der Künstler hat im Stadtteil Sendling 2012 einen 3200 Quadratmeter großen Skulpturendachgarten, den er als „Abbild der Gesellschaft“ bezeichnet, eröffnet. Über dem Projekt schweben jedoch dunkle Wolken. Wie die VN berichteten, könnte dem Kunstprojekt aufgrund von Neubauplänen am Areal der Abriss drohen.



