„Ich mag nichts wegwerfen“

Bei Brigitte Ranacher-Payer in Göfis trifft Nachhaltigkeit auf Funktionalität.
Göfis Ob es bei Familie Ranacher-Payer auch Leichen im Keller gibt? Im Eingangsbereich jedenfalls heißt Skelett Oskar die Gäste willkommen. Bekleidet mit einem Iron-Maiden-T-Shirt und einem Wikinger-Helm über den Wickie-roten Zöpfen, muss der Besucher ob der Grusel-Deko schmunzeln. Nicht lange, denn Hund Ilvy fordert entsprechende Aufmerksamkeit und will noch vor Frauchen Brigitte begrüßt werden. „Mein Mann, der Andi, sammelt auch Totenköpfe“, erklärt die 57-Jährige und geht voraus, die Stiege hinunter, wo sich ihr „kleines Paradies“ befindet. Gemeint ist die Werkstatt, in der die Göfnerin aus Lkw-Planen, Festival-Bannern, Feuerwehrschläuchen, Autogurten, abgetragenen Jeans, Lederjacken, aber auch aus Restbeständen von Sattlereien mit viel Kreativität Neues herstellt. Brana Taschnerei nennt sie ihr Label, unter dem sie von Hundekörben angefangen über verschiedenste kleine und große Täschchen und Taschen, Geldbörsen, Kulturbeutel, Federpenalen bis hin zu Rucksäcken Praktisches für Jedermann und -frau fertigt. „Sogar aus einem alten Taucheranzug habe ich schon coole Taschen genäht“, erzählt Ranacher-Payer. Ihren Ideen sind keine Grenzen gesetzt.
Lebensphilosophie
Upcycling nennt sich das, was tagtäglich unter den Händen der gebürtigen Kärntnerin entsteht, wenn sie Wegwerfprodukten zu neuem Leben verhilft. Ranacher-Payer betreibt aber auch Wiederverwertung oder Nachnutzung von bereits vorhandenen Materialien. So entstanden ihre ersten Taschen aus Stoffen ausrangierter Musterbücher. Dass aus jedem noch so kleinen Schnipsel etwas Brauchbares und Schönes entsteht, gehört zu ihrer Lebensphilosophie. „Ich mag einfach nichts wegwerfen“, sagt sie und nimmt aus einem Schrank eine bereits als Geschenk verpackte Kerze heraus. „Die habe ich aus alten Wachsresten hergestellt“, verrät Ranacher-Payer, die die Nachhaltigkeit quasi verinnerlicht hat. Das Gleiche gilt auch für die Regionalität. „Mir geht es hier im Land gut und darum unterstütze ich die regionalen Händler, damit es ihnen auch gut geht“, spricht sie von ihrer Strategie.
Textilschule in Villach
Die handwerklichen Kenntnisse und die Fingerfertigkeit hat die gebürtige Kärntnerin in der Textilschule in Villach gelernt. Diese Fachkenntnisse ermöglichen es der zweifachen Mutter und vierfachen Oma, unter anderem von Zwillingen, das Innenleben der Taschen auf Wunsch an die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden anzupassen. Ob ein Reißverschlussfach für Krimskrams, ein Schlüsselband, ein Laptop-Fach, erfüllt werden alle Wünsche und zwar in höchster Qualität. Auch Betriebe wie die Firma Omicron statten ihre neuen Mitarbeitenden regelmäßig mit Rucksäcken aus der Brana Taschnerei aus.
Verein KUNSchT inna
Ansonsten knüpft sie ihre Kontakte vor allem auf Märkten und im direkten Kontakt mit den Kunden. Ranacher-Payer ist außerdem aktives Mitglied beim Verein KUNSchT inna, der im Ketschelenhof in Feldkirch einen kleinen Laden betreibt. „Es macht mir großen Spaß, vor allem auch, weil ich mich mit anderen Kleingewerbetreibenden austauschen kann“, sagt sie. Langsam geht es die Stiege hoch. Die Frage des Besuchers ist beantwortet. Nein, bei Familie Ranacher-Payer gibt es keine Leichen im Keller. Nur einzigartige Taschen, die es sonst nirgends zu kaufen gibt. Ilvy, die Bolonka Zwetna-Hündin, steht schon am Eingang. Noch einmal kuscheln, einmal schmunzeln und die Gewissheit, man kommt wieder. Denn so ein Taschen-Unikat muss man einfach haben. CRO
„Du wirst einmal Schneiderin, hat meine Mutter, als ich noch in der Hauptschule war, zu mir gesagt.“



Öffnungszeiten
Der Laden im Ketschelenhof (Ketschelenstraße 1 in Feldkirch-Gisingen) ist am Montag und Donnerstag jeweils von 14.30 bis 18 Uhr, am Freitag von 8.30 bis 12 und von 14.30 bis 18 Uhr sowie am Samstag von 9 bis 12 Uhr geöffnet.