Für das Wohl der anderen

Der Vorarlberger Chirurg Michael Rösch ist bei „Ärzte ohne Grenzen“ tätig.
wien, röthis Ins Flugzeug steigen, um auf einem anderen Kontinent Menschen zu helfen. So beängstigend das für manche klingt, für den orthopädischen Chirurgen Michael Rösch ist es Realität. „Es ist viel Adrenalin dabei. Man weiß nicht, was auf einen zukommt und es stellt sich immer die Frage, ob man der Aufgabe gewachsen ist“, sagt der Arzt.
Mittlerweile war Rösch bei sieben Einsätzen mit „Ärzte ohne Grenzen“ unterwegs: Iran, Nigeria, Ukraine 2015, als der Krieg begonnen hat, Gaza 2018, wo die großen Demonstrationen stattfanden, zweimal in Haiti und zuletzt in Zentralafrika. Bis zu sechs Wochen bleibt er in dem jeweiligen Gebiet. Für den Röthner stand es schon immer fest, dass er ins Ausland möchte. „Ich wollte damals etwas in der Welt verändern und bewegen. Ich habe geglaubt, dass ich mit Medizin in Ländern, in denen der medizinische Standard niedrig ist, am meisten bewirken könnte“, erklärt er. „Das war für mich der ursprüngliche Beweggrund, Medizin zu studieren.“
Rösch arbeitete als Facharzt in Feldkirch, dann ging es für ihn nach Dornbirn, wo er Oberarzt war, bis schließlich der Wechsel nach England kam. Seit 2015 arbeitet er im Herz-Jesu Krankenhaus in Wien. „Ich bin sehr dankbar, dass mich mein Arbeitgeber freistellt für die Missionen bei ,Ärzte ohne Grenzen‘.“
Die Einsätze
Der erste Einsatz des 62-Jährigen war 2008 im Iran. „Zeitgleich wie unsere Kinder aus dem Haus gegangen sind, hatte ich meinen ersten Einsatz“, sagt der Vorarlberger. Er war an der Grenze zum Irak stationiert, wo zu der Zeit noch ein Krieg tobte. Ziel war es, die irakischen Patienten über die Grenze zu bringen. Dies war auch der prägendste Einsatz von allen in den vergangenen 15 Jahren. „Der erste Einsatz ist für viele wie auch für mich ein Gamechanger. Du kommst zurück und du weißt, dass du nie wieder gehst oder weitermachst. Das verändert natürlich dein Leben“, erklärt der Chirurg. „Man muss mit vielen ungewöhnlichen Situationen zurechtkommen. Zudem musst du Entscheidungen treffen, die schwerwiegende Folgen für Menschen haben und das schnell. Und mit dieser Entscheidung musst du dann leben. Erfolge wie auch Misserfolge nimmst du mit nach Hause.“
Die Patienten im Vordergrund
Dabei unterscheidet sich jedes Krankenhaus, in dem der Arzt im Ausland arbeitet. Wenn er die Kollegen im anderen Land unterstützt, dann passiert das in den bereits vorhandenen Spitälern. „Das Equipment ist unterschiedlich und einfach“, erklärt Rösch. Anders sieht es aus, wenn er in ein MSF (Ärzte ohne Grenzen) Krankenhaus geht. „Dort ist ein gewisser Standard gegeben. Es ist anders als in Europa, aber was Hygiene und Operationstechnik angeht, ist es sehr gut. Die Instrumente sind auch immer gleich.“ Vor Kurzem ist Michael Rösch aus Zentralafrika zurückgekommen. Dort hat er sich im Hopital Sica, das in der Hauptstadt Bangui liegt, um Patienten gekümmert. „Ich mache alles, was mit Knochen zu tun hat. In diesen Ländern sind es überwiegend offene Frakturen, die behandelt werden müssen“, erklärt er. Der Arzt musste sich auch um viele Schussverletzungen kümmern. „Außerhalb von Bangui sind Schussverletzungen wahrscheinlich zurzeit die häufigste Todesursache. Bei uns im Spital waren es 30 Prozent der Patienten, die wir aufgrund einer Schussverletzung betreuen mussten. In Haiti hatten wir dagegen pro Tag bis zu sieben solcher Verletzungen.“ In Zentralafrika sind 60 Prozent der Menschen unterernährt und seit 2012 herrscht ein Bürgerkrieg. Den Menschen ist dies jedoch nicht anzumerken. „Sie sind dort sehr freundlich und trotz ihrer Lebenssituation fröhlich. Man hört sehr viel Lachen. Sobald irgendwo Musik erklingt, fangen die Hüften an zu schwingen“, erzählt Rösch. „Die meisten der Patienten habe ich dort vier Wochen lang jeden Tag gesehen. Dass da eine Art Bindung entsteht, kann nicht vermieden werden. Das ist immer das Schwierige am Ende der Mission – die Patienten zurückzulassen.“ VN-pem
„Das ist immer das Schwierige am Ende der Mission: die Patienten zurückzulassen.“

Der Vorarlberger hat eine beeindruckende Berufsbahn.

Für Rösch ist es wichtig, anderen Menschen in Krisengebieten zu helfen.

Zur Person
Michael Rösch
Der Vorarlberger versorgt Menschen medizinisch in Gebieten, in denen das schwer geht
Geboren 19. Juli 1961
Wohnort Wien
Beruf Orthopädischer Chirurg
Hobbys Musik, Sport, Lesen
Familienstand seit 40 Jahren verheiratet