Eine Lehrerbiografie eines Fastlehrers

Der ehemalige AMS-Geschäftsführer Werner Schelling beleuchtet das Lehrerleben seines Vaters.
Bregenz Eigentlich wollte Werner Schelling Lehrer werden. So wie sein Vater Albert, der an der Volksschule Lochau unterrichtete. Doch Sohn Werner hatte es mehr das Gymnasium angetan. Und hier vor allem Deutsch und Geschichte, was auch die Studienfächer vorgaben. Doch bekanntlich kommt es oft anders, als man denkt. Ein Fulbright-Stipendium öffnete dem heute 76-Jährigen den Weg in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, genauer gesagt an die University of Southern California in Los Angeles. In einer Zeit, in der die Realität den American Dream einholte und Bürgerrechts- und Antikriegsbewegungen, soziale Ungleichheit und der Watergate-Skandale die USA als Weltmacht schwächten.

Für den jungen politisch interessierten Mann eine spannende Zeit, die dann zurück in Österreich mit dem Diplom in Politikwisschenschaften endete. Außerdem rückten die Sozialdemokraten in seinen Fokus. „Ich wollte etwas bewegen“, erinnert sich Schelling an damals. 1976 startete er seine berufliche Karriere beim Landesarbeitsamt als Berufsberater.
Biografie des Vaters
Back to the roots ging es erst wieder in der Pension. „Ein Lehrerleben in Vorarlberg“ ist der Titel seines Buches, das er Ende 2023 im Eigenverlag veröffentlichte. In diesem Projekt fließen die Anfänge wieder zusammen. Der Berufswunsch Lehrer zu werden und das Interesse für Geschichte, das den Bregenzer zum promovierten Historiker werden ließ. Doch nicht er ist der Protagonist, um den sich das 133 Seiten zählende Büchlein dreht.

Es ist sein Vater, Albert Schelling, dessen Leben spannend genug war, um im zeitgeschichtlichen Kontext zu einer lesenswerten Biografie zu werden. Gewürzt mit Episoden aus dem Leben und dem ein oder anderen Schwank, leben die Erinnerung nicht nur im familiären Kreis weiter, sondern auch bei all jenen, die sich für den Wandel der Schule seit dem Zweiten Weltkrieg interessieren. „In Vaters Nachlass fand ich Aufzeichnungen aus der Chronik der Volksschule Alberschwende-Dresseln“, erzählt der ehemalige AMS-Geschäftsführer sowie Vizebürgermeister und Kulturstadtrat der Landeshauptstadt Bregenz. Das entpuppte sich während der Recherche als wahre Fundgrube.

Intensive Zeit
Ein Jahr setzte sich Schelling intensiv mit der Fülle und Beschaffenheit der Hinterlassenschaft auseinander. „In dieser Zeit bin ich meinem Vater noch näher gekommen“, schmunzelt er, wenn er an die Kiste mit Dokumenten und Schriftstücken zurückdenkt. Schelling saß auf dem Boden, um Blatt für Blatt thematisch zu sortieren. „Ich lernte ganz neue Seiten von meinem Vater kennen. Über seine Schulausflüge musste ich besonders staunen. Was er mit den Kindern alles gemacht hat, diese Risikobereitschaft und Unternehmungslust hätte ich ihm nie zugetraut.“ Spätestens da stand für den Historiker fest, dass sein Werk mehr als eine Familienbiografie werden soll. Bekannte und Freude gaben weitere Hinweise oder überließen ihm Fotos. Andere halfen beim Entziffern der schwer lesbaren Handschrift oder unterstützten mit positivem Zuspruch.
Kurz vor Weihnachten hielt Werner Schelling das druckfrische Buch erstmals in den Händen. „Das war schon ein großer Moment für mich.“

Nach der Veröffentlichung eines Textes in einer Anthologie war „Ein Lehrerleben in Vorarlberg“ schließlich sein erstes Buch. Ob noch weitere folgen werden? „Ja, ich habe im Landesarchiv Material über den Bruder meines Vaters gefunden“, verrät Schelling vorab, was er als nächstes in Angriff nehmen will. Was daraus wird, sei noch offen. Vielleicht ein Buch? Schreiben macht bekanntlich süchtig und Germanist ist Werner Schelling ja auch. CRO

Werner Schelling
Geboren 1947 in Alberschwende
Wohnort Bregenz
Familie in einer Partnerschaft,
zwei Töchter
Ausbildung Studium Germanistik und Geschichte, Diplom Politikwissenschaften
Beruf Geschäftsführer AMS
Hobbys Garten, Kochen, Kultur, Theater, Ausstellungen, ehrenamtliches Engagement