Von der Stewardess zur Mesnerin

Menschen / 23.04.2024 • 16:15 Uhr
Jutta
Jutta Jäger engagiert sich politisch und für die Kirche.

Ihr Vater war ein bekannter ÖVP-Politiker, ihr Ex-Mann ein berühmter Tenor. Jutta Jäger und ihr spannendes Leben.

Bludenz Jutta Jäger (62) ist das zweitälteste Kind des ehemaligen langjährigen AK-Präsidenten und Landtagspräsidenten Bertram Jäger (heute 94). Dieser war sehr volksnah und äußerst sozial eingestellt. „Es sprach sich herum, dass der Jäger hilft. Obdachlose läuteten bei uns an der Tür und bekamen von meinen Eltern Essen und Kleider, Sigi, ein Nachbar mit Down-Syndrom, kam regelmäßig bei uns auf einen Kaffee vorbei, auch Familien in Not und Ausländer, die arbeits- oder wohnungslos waren, baten uns um Hilfe“, erinnert sich Jutta an das soziale Engagement ihrer Eltern. Diese lebten ihr und ihren zwei Geschwistern vor, dass alle Menschen gleich und wertzuschätzen sind.

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Jutta mit ihrer Tochter Anna in den Tiroler Bergen.

Juttas Kindheit war unbeschwert und behütet. „Ich bin in einem liebevollen Umfeld aufgewachsen.“ Bereits als Kind wusste Jutta, welchen Beruf sie ergreifen möchte. Stewardess wollte sie werden. „Mein Onkel hatte eine Amerikanerin geheiratet, die Flugbegleiterin bei American Airlines war. Diese schöne Frau war ein Idol für mich. Ich habe sie wie eine Göttin bewundert.“

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Jutta Jäger half einigen Flüchtlingen sich zu integrieren. Sie war dabei, als Mavdzhuda Satorova die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen bekam im Landhaus in Bregenz. Das Bild an der Wand zeigt Juttas Vater Bertram Jäger. Er war von 1987 bis 1994 Landtagspräsident.

Nach der Matura am Bundesgymnasium in Bludenz ließ sich die junge Frau bei der AUA in Wien zur Stewardess ausbilden. Jutta besaß die nötigen Sprachkenntnisse, weil sie als Schülerin einige Wochen in Paris und Kalifornien verbracht hatte. Der Beruf hielt, was er versprach. „Es war genau das, was ich wollte. Mir gefiel es, Menschen um mich herum zu haben und fremde Länder und Kulturen kennenzulernen.“

Aufgrund ihres Berufes lebte Jutta 14 Jahre in Wien. „Anfangs hatte ich Heimweh – bis ich entdeckte, wie viel Kultur Wien zu bieten hat.“ Auf einem Flug nach Zürich lernte sie im Jahr 1983 den spanischen Opernsänger José Carreras kennen. Die beiden verliebten sich ineinander und waren sieben Jahre lang ein Paar. „José ist ein sehr bodenständiger, bescheidener und unkomplizierter Mensch.“

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Jutta Jäger mit Mali Gubser vom Soroptimistclub Liechtenstein in Dublin beim Soroptimistischen Weltkongress.

Nach der Trennung begegnete sie ihrem späteren Ehemann Nikolaus Gassner. Mit dem Steuerberater gründete sie eine Familie. Jutta schenkte drei Kindern das Leben. Nach zwölf Jahren ging die Ehe in die Brüche. Nach dem Ehe-Aus kam sie wieder mit Carreras zusammen. Jutta heiratete den spanischen Tenor und zog mit ihren Kindern nach Barcelona. Nach sechs Jahren trennten sich ihre Wege wieder. Jutta kehrte im Jahr 2011 mit ihren Kindern nach Bludenz zurück und stellte fest, dass das Leben hier mit einer Familie viel einfacher ist als in einer Großstadt. „In Bludenz konnten meine Kinder zu Fuß zu den Großeltern spazieren. Das wäre in Barcelona nicht möglich gewesen. Dort ist die Kriminalität hoch.“

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Jutta arbeitet seit gut einem Jahr als Mesnerin.

Nach emotional herausfordernden Zeiten kehrte in Juttas Leben Ruhe ein. Als die Kinder flügge wurden, begann sich die dreifache Mutter ehrenamtlich zu engagieren. Sie trat den Soroptimistinnen bei, einem Serviceclub für berufstätige Frauen, der sich für Frauenrechte sowie Gleichberechtigung und Frieden zum Wohle der Frauen einsetzt. „Wir möchten Frauen und Mädchen finanziell helfen und ihnen einen Schutz geben gegen Gewalt.“ Das soziale Engagement der ehemaligen Präsidentin des Soroptimist Clubs in Dornbirn reicht aber weiter. Jutta half drei Flüchtlingsfamilien aus dem Irak und Tadschikistan sich in Vorarlberg zu integrieren.

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Jutta mit ihren betagten Eltern Bertram (94) und Leni (87).

Seit einiger Zeit ist die 62-Jährige auch in der Politik aktiv. Sie arbeitet in verschiedenen Ausschüssen der Stadt Bludenz, jedoch eher im Hintergrund. Auch für die Kirche setzt sie sich ein. Seit einem Jahr betreut sie als Mesnerin mit einigen Kollegen zusammen die Pfarre-Herz-Mariä in Bludenz. „Der Glaube gab mir immer Halt im Leben“, sagt sie. Und: „Bei wichtigen Entscheidungen bin ich immer in die Kirche gegangen und solange geblieben, bis ich eine Lösung fand.“ Aber auch für sich nimmt sich Jutta Zeit. „Ich mache Yoga, gehe wandern, ins Fitnessstudio, auf Konzerte und in die Oper.“ Auch ihren alten Eltern widmet sie Zeit. „Sie stehen bei mir an erster Stelle. Ich gehe jeden Tag zu ihnen.“ Sie ist dankbar, dass diese ihr Werte vermittelten, die über sie selbst hinausreichen.

Jutta Jäger

geboren 25. August 1961 in Zams

Wohnort Bludenz

Ausbildung Stewardess

Familie geschieden, drei Kinder

Hobbys Golfen, Klavierspielen, Skitouren