“Er war so glücklich, wenn er abheben konnte”

Cornelia Jochum (58) verlor ihren Sohn Philip bei einem Flugzeugunglück.
Dornbirn Zunächst dachte Cornelia Jochum (58), dass sie den Tod ihres erstgeborenen Sohnes Philip nicht überlebt. „Am Anfang wollte ich ihm nach sterben. Das war mein sehnlichster Wunsch. Ich wollte unbedingt zu ihm.“
Am Tag vor seinem Tod war Philip (damals 26) noch zu Besuch bei seiner „Mutsch“. Als er für immer ging, winkte sie ihm nach. „‘Tschüss mein Schatz‘“, rief sie ihm nach. Seine letzten, an die Mutter gerichteten Worte waren: „Ich liebe dich.“

An seinem Todestag, dem fünften Februar 2021, befiel die Mutter von drei Söhnen um die Mittagszeit ein seltsames Gefühl. „Als ich im Gartencenter ein Regal voller Grabkerzen sah, dachte ich mir: Gott sei Dank brauche ich die nicht. Oder doch?“ Je näher der Tag seinem Ende zuging, desto stärker wurde dieses ungute Gefühl. „Abends rief sie Philip an, aber sie erreichte ihn nicht. „Ich bekam panische Angst.“

Als es an der Tür klingelte, erschrak Cornelia. Und sie hatte allen Grund dazu. Draußen standen ein Kriseninterventionsteam und ihr Ex-Mann. Als diese ihr behutsam beibrachten, dass Philip mit seiner Cessna in der Eifel bei dichtem Nebel abgestürzt war, fiel sie in eine Schockstarre. Wie ein Film zog das Leben ihres Sohnes an ihr vorbei, vom ersten Schrei bis zum Tag des Abschieds am Vortag. „In der Nacht habe ich geweint und geweint, ununterbrochen.“

Einige Tage später lag sie erschöpft im Bett. Weder schlief sie, noch war sie richtig wach. Ihre Gedanken waren bei Philip. „Ich bat ihn, mir zu sagen, wie es ihm geht und wartete auf ein Zeichen von ihm.“ Und dieses Zeichen kam. „Ein Windhauch berührte mein Gesicht. Es fühlte sich an, als ob mir jemand einen Kuss gibt. Ich war eingehüllt in eine ungeheure Liebe und Stille. Jetzt wusste ich, dass es meinem Schatz gut geht, dass mein “Buba” in Liebe gebettet und bei Gott gut aufgehoben ist. Denn ich war kurz da, wo Philip ist.“
Sie glaubt, dass sie ohne dieses außergewöhnliche Erlebnis zerbrochen wäre. „Philip ist nicht tot. Er lebt in einer anderen Dimension weiter. Es gibt ein Leben nach dem Tod. Wenn ich sterbe, wird er mich abholen kommen. Mein Gott, das wird ein Fest.“ Cornelia findet in diesem Wissen Trost und die Kraft, weiterzumachen und für ihre Zwillingssöhne Max und Moritz dazu sein. Freilich: Sie vermisst Philip jeden Tag, besondere Wehmut kommt am Muttertag, an Weihnachten und an seinem Geburtstag auf.

Heuer, am 20. April, wäre ihr ältester Sohn 30 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass ließ Cornelia einen neuen Grabstein anfertigen, einen ganz besonderen. „Wir haben ein Flugzeug und Wolken einmeißeln lassen und den Satz: I’ve lived my dream.“

Schon als Bub träumte Philip vom Fliegen. Am liebsten las er Bücher über Flugzeuge. Die Wände seines Zimmers waren zugepflastert mit Flugzeug – und Pilotenbildern. Beim Flugsimulatorspiel verweilte der Bub stundenlang. Als Teenager radelte er jeden Tag zum Flughafen in Hohenems, bestaunte den Flugverkehr und übernahm diverse Aufgaben, die am Flughafen anfielen. „Philip wollte unbedingt Pilot werden“. Nach der Lehre zum Maschinenbautechniker machte Philip den Pilotenschein. Er wurde zu einem gefragten Fallschirmspringer-Absetzpilot und Segelflieger-Schlepppilot. „Der Flugplatz wurde zu seiner zweiten Heimat.“ Cornelia hatte Angst um ihr Kind. Aber sie wollte ihm die Freude am Fliegen nicht nehmen. „Er war so glücklich, wenn er abheben konnte.“ Überhaupt liebte Philip das Leben. „Er war lebenslustig und fröhlich und unser Sonnenschein.“

