“Ich lebte nach dem Motto: No Risk, No Fun”

Walter Edlinger (67) und Fabio Eidler (28) kämpften sich nach schweren Unfällen ins Leben zurück.
Schwarzach Renate und Walter Edlinger hatten noch so viel vor. „Nach der Pensionierung wollten wir uns die Welt ansehen und auf Reisen gehen.“ Aber das Leben hatte andere Pläne für das Ehepaar. Walter arbeitete 47 Jahre am Bau. Dem Polier gefiel sein Job. „Die Arbeit bestimmte mein Leben.“ Vor fünf Jahren widerfuhr dem heute 67-Jährigen ein Unglück. Ein Bagger drückte ihn gegen eine Betonwand. Der Weiler erlitt schwerste Kopf- und Gesichtsverletzungen. Seit dem Unfall ist er auf dem linken Auge blind. Auch auf dem rechten Auge ist sein Sehvermögen beeinträchtigt. Walter büßte durch die Sehbehinderung seine Selbstständigkeit ein. „Ich kann mich nicht einmal selbst rasieren. Das macht jetzt meine Frau für mich.“ Der leidgeprüfte Mann haderte mit seinem Schicksal. „Ich brauchte mehr als zwei Jahre, bis ich mein Los annehmen konnte.“
Vor dem Unfall war Walter ein leidenschaftlicher Sportler. „Ich war mit dem Bike unterwegs, habe Tennis gespielt und bin oft wandern gegangen.“ Heute ist er froh, wenn er mit seiner Frau oder seinem persönlichen Assistenten einen Ausflug machen oder Rad fahren gehen kann. „Das geht nur mit einem Fahrrad für zwei Personen.“ In seinem Garten oder auf seinem Maisäß in den Bergen hält er sich gerne auf. „Dort kenne ich mich aus.“ Auch dank der Hilfe seiner Frau und des Vorarlberger Blinden- und Sehbehindertenverbandes fand Walter wieder zurück ins Leben. „Der Verband hat mich von Anfang an bestens unterstützt.“ Über diesen absolvierte Walter ein Orientierungs- und Mobilitätstraining. „Man zeigte mir, wie ich im Alltag besser zurechtkommen kann und wie man mit dem Blindenstock richtig umgeht.“ Dank spezieller Blindenspiele hat er auch wieder einen schönen Zeitvertreib. „Ich mag Karten- und Brettspiele.“
32 Tage im Koma
Der Verband war auch Fabio Eidler (28) eine große Hilfe nach seinem Mountainbikeunfall im April 2021, bei dem der junge Dornbirner ein schweres Schädelhirn-Trauma erlitt. Zunächst aber fing ihn seine Familie auf. Seine Mutter und seine zwei Geschwister waren da, als er nach 32 Tagen aus dem Koma aufwachte. „Als ich erwachte, sah ich alles verschwommen.“ Der Unfall nahm ihm fast sein ganzes Augenlicht. „Mein Sehvermögen beträgt nur noch zehn Prozent.“ Fabio überlebte den Sturz mit dem Bike nur knapp. „Mir wurde ein zweites Leben geschenkt“, ist er dankbar, dass er noch am Leben ist. Trotzdem hadert Fabio manchmal wegen seiner Sehbehinderung. Denn das alte Leben kommt nicht wieder. „Ich war viel unterwegs, habe Fußball gespielt und jede freie Minute in den Bergen verbracht. Ich lebte nach dem Motto „no risk, no fun.“

Sein neues Leben verläuft in ruhigeren Bahnen. „Meine Oma hat eine Ferienhütte am Bödele. Ich bin gerne bei ihr.“ Auch die Veranstaltungen, die der Vorarlberger Blinden- und Sehbehindertenverband anbietet, besucht er gerne. „Wir kegeln zum Beispiel zusammen.“ Außerdem fand er über den Vorarlberger Blindensportclub zum Lauf- und Krafttraining und zum Langlauf und Blindentorball. Fabio freut sich, wieder Teil einer Gemeinschaft zu sein. Aber ihm wäre es auch wichtig, dass er bald wieder arbeiten gehen kann. „Es besteht die Chance, dass ich meinen Beruf wieder ausüben kann.“ Der 28-Jährige ist Kindergartenassistent. „Die Kinder mochten mich sehr. Für manche war ich wie ein zweiter Papa.“ Derzeit lebt Fabio noch bei seiner Mutter Caroline. Diese ist zutiefst dankbar, dass sie Fabio noch hat. „Ich gehe diesen Weg mit ihm und stehe immer hinter ihm“, versichert sie.
Spenden gingen zurück
In Vorarlberg gibt es rund 14.000 Menschen, die blind oder sehbehindert sind. Der Blinden- und Sehbehindertenverband Vorarlberg (BSVV) ist die zentrale Anlaufstelle für Betroffene und ihre Angehörige. Der Verband bietet unter anderem Rehabilitationsmaßnahmen, Frühförderung, Hilfsmittelberatung und Unterstützung im Alltag an. Manfred Schuler (72), der seit Geburt eine hochgradige Sehbehinderung hat, leitet den BSVV. Die Selbsthilfeorganisation ist auf Spenden angewiesen. „Leider sind diese in den vergangenen paar Jahren zurückgegangen. Das haben wir auch bei der Landesblindensammlung im Oktober bemerkt“, bedauert Schuler. Der Verband sucht Sponsoren und Förderer. Spendenkonto bei der Raiffeisenbank: IBAN: AT67 3748 2000 0245 0302.