Farben, Pfeile, Zigarettenschachteln

Zum 75. Geburtstag des Künstlers Helmut King.
hard Es gibt Künstler, die hinter ihren Werken verschwinden – und dann gibt es Helmut King. Seine Kunst und seine Persönlichkeit sind untrennbar miteinander verwoben wie die beiden Seiten eines humorvoll schillernden Kaleidoskops. Der in Bregenz geborene Künstler, Jahrgang 1950, zählt zu jenen seltenen Stimmen in der Kunstszene, deren Werk ebenso lebendig, ironisch und schillernd ist wie ihre Persönlichkeit. Mit 75 Jahren blickt King auf ein Schaffen zurück, das in Form, Farbe und Haltung unverwechselbar geblieben ist – und dessen Energie ungebrochen wirkt.

Tief geprägt von den 1960er- und 1970er-Jahren hat King in einem vielschichtigen Werkzyklus Schlüsselmomente jener Epoche in Szene gesetzt: die Rebellionen, die Riffs, die Rhythmen. Bob Dylan, The Who, die Rolling Stones, Jimi Hendrix oder die Beatles sind nicht nur Porträtierte, sondern Helden einer Ära, die King mit kräftigen Farben, klar konturierten Linien und bis ins Letzte ausgearbeiteten Details auf die Leinwand bannt. Jedes seiner Bilder erzählt eine Geschichte, komprimiert wie ein Comicstrip, verdichtet zu einer einzigen explosiven Momentaufnahme.

Eine Figur zieht sich jedoch wie ein roter Faden durch sein Werk: Frank Zappa – Ikone, Provokateur und König des Eigensinns. In Zappas Musik spiegelt sich Kings eigene Haltung wider: ein ständiger Widerspruch zur allzu glatten Oberfläche, ein lustvoller Tanz an der Grenze zwischen Ernst und Groteske. Die „Zappinale“ in Bad Doberan, jenes skurrile Festival zu Ehren Frank Zappas, ist jedes Jahr sein Pilgerziel. Dort, zwischen Fans, Freaks und Künstlern, ist er ganz in seinem Element.

Doch King bleibt nicht bei den Glanzlichtern der Popgeschichte stehen. Mit der gleichen ironischen Genauigkeit widmet er sich seiner Heimat Vorarlberg. Die scheinbar banale Frage „Was macht den typischen Vorarlberger aus?“ wurde für ihn zum Ausgangspunkt eines originellen Kunstabenteuers. Seine „Vorarlbergmappe“ ist ein liebevoll überzeichneter Blick auf regionale Identitäten – pointiert, augenzwinkernd und kantig. Auch im öffentlichen Raum hinterließ King seine Spuren – oder besser: seine Pfeile, Masken und Comicfiguren.

In Kooperation mit 20 Verpackungsunternehmen aus dem Land – unter dem Label V-Pack – verpackte er das Bergrestaurant am Dornbirner Karren in bunte Hüllen, schuf „Landmarks“ aus herausgefrästen 60-Liter-Kanistern an markanten Aussichtspunkten und verwandelte den Bodensee in ein schwimmendes Kunstwerk mit bemalten Tretbooten, knallbunten Bojen und fantasievoll dekorierten Rikschas. Die Grenze zwischen Alltag und Kunst? Für King ist sie nie mehr als ein ironisch verzogenes Grinsen.

Seine „Cigarette Box People“, Figuren, die er aus aufgeschnittenen Zigarettenschachteln fertigte, erinnern an Totems futuristischer Kulturen. Sie sind schräge Stellvertreter unserer Konsumgesellschaft, schillernd und unbequem zugleich. Auch hier zeigt sich Kings Gespür für die Ästhetik des Alltäglichen und sein Talent, das Banale ins Absurde zu überführen.

Helmut Kings Kunst ist ein Mix aus Pop, Punk und Provinz, durchzogen von Pfeilen, Pointen und Persiflagen. Sie ist laut, bunt und anarchisch, aber nie beliebig. Auch mit 75 Jahren bleibt er ein Chronist der Gegenkultur, ein Erzähler in Linien und Farben, ein ironischer Poet des Alltags. Seine Werke laden nicht nur zum Betrachten ein, sondern fordern heraus: zum Lächeln, zum Nachdenken, zum zweiten Blick. Und genau das macht sie – und ihn – so lebendig.