Ali Mitgutsch – Vater der Wimmelbilder

Kultur / 22.08.2025 • 12:40 Uhr
Ali Mitgutsch – Vater der Wimmelbilder
Ali Mitgutsch schuf Bilderwelten voller Wärme, Humor und lebendiger Details. APA/dpa/Rolf Vennenbernd

Der Schöpfer der bildgewaltigen Welten wäre am 21. August 90 Jahre alt geworden.

München Wenn man an Kinderbücher denkt, die mehr vom Leben erzählen als viele dicke Romane, dann führt kein Weg an Ali Mitgutsch vorbei. Der 1935 in München geborene Illustrator gilt als Erfinder der „Wimmelbücher“ – jenen farbenfrohen Bildwelten, in denen es auf jeder Seite von Figuren, Szenen und kleinen Geschichten nur so – wimmelt. Mitgutsch wollte Bücher schaffen, die nicht nur betrachtet, sondern regelrecht durchstreift werden können. Ein Konzept, das Generationen von Kindern geprägt hat. Ali Mitgutsch, eigentlich Alfons Mitgutsch, wuchs in München auf. Seine Kindheit war überschattet vom Zweiten Weltkrieg, die Bombardierungen und Zerstörungen erlebte er unmittelbar. Vielleicht war es gerade dieser Hintergrund, der ihn später dazu brachte, Bilderwelten voller Wärme, Humor und lebendiger Details zu entwerfen – ein Gegenentwurf zur eigenen Erfahrung, eine Einladung ins Fantastische, ins Alltägliche, ins spielerisch Bunte. Ende der 1960er-Jahre erschien sein erstes Wimmelbuch „Rundherum in meiner Stadt“ – ein Meilenstein. Auf großformatigen Seiten eröffnete sich eine ganze Stadtlandschaft: Straßen, Parks, Baustellen, Wohnungen, voller winziger Episoden. Kinder konnten stundenlang schauen, entdecken, Zusammenhänge erfinden. Damit revolutionierte Mitgutsch die Kinderbuchwelt. „Das Kind soll spazieren gehen können in meinen Bildern“, sagte er einmal – und genau das tun Millionen von Kindern bis heute.

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In über 30 Büchern ließ er Dörfer, Städte, Bauernhöfe, Häfen und Landschaften entstehen, die vor Aktivität sprühen. Seine Figuren sind nie idealisiert: da gibt es Missgeschicke, Streit, Arbeit, Freude, Kurioses. Das Alltägliche erscheint im gleichen Atemzug wie das Komische. Gerade diese Mischung macht seine Bilder so realistisch und gleichzeitig so anregend. Ali Mitgutsch erhielt zahlreiche Preise, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis, und seine Werke wurden in viele Sprachen übersetzt. Er beeinflusste eine ganze Generation von Illustratoren und Kinderbuchautoren, die heute ebenfalls mit detailreichen Bildwelten arbeiten. Für viele Erwachsene sind seine Bücher längst ein Stück Kindheitsgeschichte – Erinnerung an stundenlanges Blättern, Schauen und Erzählen. Am 10. Januar 2022 ist Ali Mitgutsch im Alter von 86 Jahren in München gestorben. Zurück bleibt ein Werk, das lebendig weiterwirkt – in Kinderzimmern, Bibliotheken und Köpfen. Seine Wimmelbilder sind mehr als nur Bücher: Sie sind kleine Universen, Spiegel des Lebens und zugleich sichere Häfen der Fantasie.