Wie sich die Retrokugel zum echten Van gemausert hat

Wer beim kleinen 500 L anklopft, dem eröffnet er ein erstaunlich geräumiges Innenleben.
Fiat. Der Fiat 500 L ist der größte 500er aller Zeiten, und allein das ist schon irgendwie ein Unding: Hatte man in den 1950er-Jahren den Fiat Nuova 500 nicht wie eine Billardkugel zwischen die Weißwandreifen der trägen Straßenkreuzer geworfen, auf dass der flinke Zwerg die drögen Elefanten ins Wanken brachte? Und war das Unterfangen nicht so erfolgreich verlaufen, dass die Turiner Meisterschmiede den Totgeglaubten 2007 wieder auferstehen ließen? Seinem Urahn so ähnlich, dass wackere Pensionisten in Tränen der Rührung ausbrachen? Konnte es also gutgehen, dass die Techniker nun so lange an der Karosserie zerrten und zogen, bis letztendlich ein Lifestyle-Van auf der Straße stand? Doch, so was geht.
Design vom Allerfeinsten
Der Vergleich mit einem Einfamilienhaus, das durch einen monströsen Zubau ganz aus dem Gleichgewicht geraten ist, bleibt unstatthaft. Der Fiat 500 L ist nämlich zunächst einmal fesch. Anders als die Urkugel, aber fesch.
Im Design macht den Italienern keiner was vor. Aber um ihn richtig beurteilen zu können, muss man sich vom äußeren Eindruck lösen und einsteigen. Da bleibt einem der Mund offen. Was für ein Raumwunder! Das gläserne Papa-Mobil-Dach tut das Seine dazu. Auch in den hinteren Reihen lümmeln Langbeinige noch bequem. Der Fahrer aber blickt auf ein aufgeräumtes, modernes Cockpit in feinen Materialien. Das griffige Lenkrad und der faustgroße Schaltknüppel lassen keinen Zweifel aufkommen, dass man mit dem 500 L nicht zimperlich umzugehen braucht. Die 85 PS entfalten ihre Kraft aus einem überaus kultiviert laufenden Vierzylinder-Diesel. Ein straff abgestimmtes Fahrwerk und die knackige Schaltung unterstreichen die sportliche Attitüde.
Der Diesel mit serienmäßigen Start-Stopp bleibt auch bei forderndem Gebrauch mit 4,7 Liter durchaus genügsam. Der saftige Grundpreis von 21.700 Euro erhöht sich beim Ankauf von Leichtmetallrädern, Parksensoren und abgedunkelten Heck- und Seitenscheiben noch um 923 Euro. Aber braucht man das überhaupt? Das Schöne an dem Kleinen mit den riesigen Ohrwascheln ist sein aufmüpfiges Entree. Wie er sich fährt und immer noch Kraft entfaltet, wo man’s gar nicht mehr erwarten würde. Und in den Extras. Selbst eine auf Knopfdruck erleichterte Lenkung offeriert der Wagen, obwohl das bei einem Kampfgewicht von 1428 Kilo nun wirklich nicht nötig wäre. Fazit: Er ist in keiner Hinsicht billig, im Gegenteil eine herrliche Bereicherung unseres Verkehrsalltags. ##Thomas Matt##




Fakten
Motor/Antrieb: Turbodiesel, 1248 Kubik, 5 Gänge, 85 PS (62 kW) bei 3500 U/min, max. Drehmoment 200 Nm/ 1500 U/min
Fahrleistung/Verbrauch: Höchstgeschwindigkeit 165 km/h, Beschleunigung 0-100 km/h 14,9 Sek., Verbrauch 4,7 Liter (110 g CO2/km); Test: 4,8 Liter
Preis: 21.700 Euro