Sieg der Vernunft: So viel Platz und doch kein Kombi

Seat brachte den Toledo nach vierjähriger Pause wieder in Form. Das hat sich gelohnt.
Seat. Da braucht man nicht lange herumzueiern: Natürlich hat das Thema Auto etwas mit Unverstand zu tun, mit Lust an der Geschwindigkeit, an Chrom und Leder. Oder knallen die vermeintlichen Herren der Schöpfung etwa ihren Kombi-Schlüssel auf den Stammtisch und raunen sich niedrige Verbrauchsziffern zu? Na eben.
Insofern ist es in manchen Kreisen nicht ungefährlich, wenn einem zum Seat Toledo als Erstes die Vokabel „vernünftig“ einfällt. Wirtschaftlich sinnvoll wäre es vielleicht auch, wenn man ein Streichorchester durch einen einzelnen Geiger ersetzte, der ja dann auch keinen Konzertsaal mehr braucht. Aber es klingt halt anders.
Wieder in Topform
Und wie klingt der Toledo? Dieser 4,48 Meter lange und doch so geräumige Spanier? Der eigentlich in Bratislava vom Band läuft, aber das nur nebenbei. Er hat ja vielversprechende Vorfahren. 1991 stand der erste Toledo in der Auslage. Die Stufenhecklimousine verkaufte sich 860.000 Mal. Gut, die dritte Generation aus 2004 ging leicht daneben. Ihr Äußeres war – sagen wir – interessant. Buckelwal und Orca waren noch die nettesten Spitznamen. Es gab auch andere.
Beim Anblick des Neuen entfährt dem Betrachter erleichtert ein „Geht doch“. Man ist wieder zum Stufenheck zurückgekehrt, und das auch noch sehr elegant. Als Zweites sollte man nicht einsteigen, sondern einen Blick in den Kofferraum werfen. Da schwingt eine riesengroße Heckklappe auf und gibt einen Schlund von 550 bis 1490 Liter frei. In der Mitte öffnet sich eine Durchreiche zwischen den Rücksitzen. Aha, man kann also auch Skier und Stöcke bequem versorgen und braucht sich keinen Sarg aufs Dach schnallen. So, und jetzt steigt man hinten ein. Einfach nur, um festzustellen, dass der gewaltige Stauraum nicht zulasten der Insassen geht. Selbst hochgewachsene Mitfahrer sitzen hinten bequem. Die Sitze sind hart und straff, aber angenehm. Spätestens, wer hinterm Volant Platz genommen hat, weiß, dass da viel auf die Räder gestellt wurde für verhältnismäßig wenig Geld. Serienmäßig bringt der TDI Eco „Style“ für knapp 22.000 Euro ABS, ESP, Tempomat, Start-Stopp-System, Radio mit MP3-Player, Bordcomputer usw. mit. Aber kein Fahrassistenzsystem. Welche Erlösung! Nix bimmelt hysterisch, wenn man den Rückwärtsgang einlegt. Dafür wird einfach das Radio leiser. Der 105-PS-Diesel und eine sehr gute Straßenlage lassen den Spaßfaktor nicht zu kurz kommen. Das Interieur mehrheitlich aus Hartplastik erinnert daran, dass man nicht in einer Luxuslimousine unterwegs ist. Dafür aber in einem – und jetzt tönt das Wort schon weniger verdächtig – alemannisch vernünftigen Exemplar der Gattung Auto. ##Thomas Matt##


Fakten
» Motor/Antrieb: 4-Zylinder-Reihenmotor, Diesel, Hubraum 1598 ccm, 105 PS (77 kW) bei 4400 U/min, max. Drehmoment 250 Nm bei 1500–2500 U/min
» Fahrleistung/Verbrauch: 0-100 km/h in 10,6 Sek., Höchstgeschwindigkeit 190 km/h, Verbrauch 3,9 l
(114 g/km CO2), Test: 4,9 l
» Preis: 21.490 Euro