Das Krabbeltier für jedermann

Motor / 26.05.2017 • 10:28 Uhr
Anfang einer Erfolgsgeschichte: Der VW Typ 30 im Jahr 1937.
Anfang einer Erfolgsgeschichte: Der VW Typ 30 im Jahr 1937.

Das vielleicht wichtigste Modell der Autogeschichte: der VW Käfer wird 80.

VW. Wolfsburg wird den 80. Geburtstag des Käfers wohl erst im nächsten Jahr feiern, aber der Startschuss für das Unternehmen Volkswagen erfolgte bereits am 28. Mai 1937. Passgenau zur ersten Produktionsserie des von Ferdinand Porsche entwickelten Heckmotor-Modells mit seinem markanten Boxer-Sound wurde damals in Berlin die „Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH“ gegründet, aus der dann die „Volkswagenwerk GmbH“ hervorging.

Seinen Kosenamen „Käfer“ verdankt der Wolfsburger übrigens der „New York Times“, die den ersten deutschen Millionenseller schon bei seiner Premiere schlicht „Beetle“ nannte. Ein Auto, mit dem Arbeiter zum Werkstor und Generaldirektoren zur Oper fuhren. Anfang Juni 1974 lief in Wolfsburg der letzte vom Band, 2003 kam es zum Finale für den Vocho in Mexiko.

Schwerer Stand

Leicht hatte es dieses Auto nie, auch weil seine Geschichte ein Stück Deutschland verkörpert. Volkswagen als Gattung hatte es schon viele gegeben, als Adolf Hitler auf der Berliner IAA 1934 den Bau eines Autos für breite Bevölkerungsmassen forderte. Der „Reichsverband der Deutschen Automobilindustrie“ (RDA) beauftragte daraufhin den damals schon als genial gerühmten Konstrukteur Ferdinand Porsche mit der Entwicklung eines „Volkswagens“, dessen Lastenheft folgende Pflichtpunkte umfasste: vier Sitzplätze, vier bis fünf Liter Verbrauch auf 100 Kilometer und eine autobahngeeignete Vmax von mindestens 80 km/h.

Schlagzeilen machte auch der politisch motivierte und deshalb nicht kostendeckende Preis von 990 Reichsmark für den kleinen Familienwagen. Das sogenannte KdF-Wagen-Sparsystem sollte den 24 PS starken und 105 km/h flotten 1,0-Liter-Vierzylinder finanzierbar machen. Schon 1938 ließen sich 270.000 Kaufinteressierte registrieren und beteiligten sich mit einer minimalen Sparrate von fünf Reichsmark pro Woche.

Der Käfer galt nicht nur als Symbol wirtschaftlichen Aufschwungs, er gab den Menschen durch mechanische Zuverlässigkeit – kein kochendes Kühlwasser und keine Kolbenfresser – und seine Kontinuität im Design den Glauben an die Verlässlichkeit zurück. Ein Nimbus, den sich die Marke Volkswagen bis zum gegenwärtigen Diesel-Skandal bewahren konnte. Mochte sich die Welt auch noch so rasant verändern, für Volkswagen galt der legendäre Werbeslogan: „Da weiß man, was man hat“. Genau das machte den Käfer zum meistgefürchteten deutschen Exportartikel.

Gefürchtet von Konkurrenten, die das Krabbeltier mit „Käfer-Killern“, also eigenen Kompaktmodellen, meist vergeblich bekämpften. Waren dies in Deutschland vor allem die moderneren Ford Taunus 12M und Opel Kadett, bemühten sich in den USA eigens kreierte Compacts der Big Three GM, Ford und Chrysler um Eindämmung der vermeintlichen Käferplage. 1970 errang Volkswagen über sieben Prozent Marktanteil in den USA. 1972 folgte dann des Beetles ultimativer Triumph über die US-Konzerne: Mit dem 15,007.034sten Käfer knackte VW den bisherigen Bestwert des Ford Model T.

Mit dem Ur-Käfer hatten die VW 1302 und 1303 des Jahrgangs 1972 aber nur noch das Konzept und die Silhouette der Karosserie gemeinsam, gab es doch im Laufe der Jahre 78.000 Änderungen. Trotzdem, eine Evolution war jetzt nicht mehr möglich, also musste eine Revolution her. Die Stunde des Golf war gekommen. Mit den Kennzeichen Frontantrieb und großer Heckklappe begründete dieser die Kompaktklasse als neuer klassenloser Bestseller.

Die Käfer-Produktion bei VW: Über Jahrzehnte wurden in Summe rund 21,5 Millionen VW Käfer gebaut. Fotos: Werk
Die Käfer-Produktion bei VW: Über Jahrzehnte wurden in Summe rund 21,5 Millionen VW Käfer gebaut. Fotos: Werk
2003 wurde der letzte Käfer in Mexiko gebaut.
2003 wurde der letzte Käfer in Mexiko gebaut.
Kino-Star „Herbie“ ist der wohl bekannteste Käfer.
Kino-Star „Herbie“ ist der wohl bekannteste Käfer.