Thomas Matt

Kommentar

Thomas Matt

Wie Bücher eben sind

25.03.2020 • 06:00 Uhr

Fahrig zieht die Hand das kleine schwarze Teil zurate. Aber das Wunder an Unterhaltung bleibt stumm, wie sehr verzweifelte Finger auch Knöpfe drücken und über die dunkle Mattscheibe wischen. Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen, aber in Krisenzeiten muss man auf das Schlimmste gefasst sein. Und was wäre furchtbarer als ein leerer Akku, das Ladegerät nicht zur Hand und das Handy ergo still, um nicht zu sagen tot.

Und als wäre das alles nicht schlimm genug, sitzt auf der Parkbank nebenan auch noch so ein alter Knacker – wenigstens 50, wenn nicht noch betagter – und amüsiert sich! Umkost von der Frühlingssonne hat er auf den übergeschlagenen Beinen bedrucktes Papier! Echt jetzt! Ein Buch. In dem sich nichts bewegt. Nur sein Gesicht ist in Aufruhr.

Der liest und wischt (sie sagen „blättern“ dazu), dann lacht er laut auf. Gluckst, bis ihm die Tränen kommen. Klappt endlich das Buch zu, aus seinen Augen leuchten Behagen und Bereicherung. So bringt Corona nicht nur Tod und Elend. Hier verschuldet es gerade die Wiedergeburt eines Mediums, das altmodischer nicht sein könnte. Und amüsanter. Und überraschender. Und so unabhängig! Wie Bücher eben sind. Jedes eine kleine Auferstehung. Als würde Ostern nicht abgesagt, sondern vorverlegt.