Stimmige Idylle am Land

01.07.2023 • 05:30 Uhr

Im Hörbranzer Ortsteil Fronhofen steht ein Bauernhaus aus dem
Jahr 1860, das mit viel Liebe zum Detail rückgebaut und saniert wurde.

Text: Klaus Feldkircher | Fotos: Angela Lamprecht

Hörbranz Der Ortsteil Fronhofen ist ein beschauliches Fleckchen Erde, das zwischen Berg und See liegt. Umgeben von zahlreichen Feldern und Wiesen ist dieses Gebiet landwirtschaftlich geprägt und hat sich dank einiger gelungener Sanierungen der umliegenden Gebäude diesen ländlichen Charme erhalten. Inmitten der Idylle befindet sich ein Hof, dessen Ursprünge auf das 16. Jahrhundert, der Umbau in die jetzige Grundstruktur auf 1860 zurückgehen. Er besteht aus einem nordseitig gelegenen Wohnhaus, an das ein Stadel angeschlossen ist.

Die Kapelle, die dem Ensemble seinen ländlichen Charakter verleiht, ist noch immer Schauplatz für Messen und Maiandachten.

Dieser Stadel wurde über die Jahrtausendwende verkürzt und wich einem Einfamilienhaus, das von den Eltern der Bauleute erbaut wurde. Direkt neben dem Wohnhaus liegt die Kapelle Fronhofen, die schon seit über 200 Jahren über die Parzelle wacht. Neben der Messe am Dreifaltigkeitssonntag jedes Jahr, dem Sonntag nach Pfingsten, finden Maiandachten statt. Außerdem wird die Glocke geläutet, wenn Bewohner(innen) der Parzelle verstorben sind.

Stimmige Idylle am Land
Der Eingang zum Haus Fronhoferstraße 10A wurde von der gegenüberliegenden Seite wieder an seinen ursprünglichen Platz verlegt.

Der Hof wurde im Jahr 1929 vom Urgroßvater des Bauherrn erworben und befindet sich seitdem im Besitz der Familie. 2021 starteten die jetzigen Besitzer mit der Sanierung des Gebäudes. Das Paar mit seinen beiden Kindern lebte bis 2021 in Wien, die Rückkehr ins Ländle und eine Sanierung des Hauses waren aber schon länger geplant. Im Sommer 2020 erfolgten Kontaktaufnahme und Planung mit der Architektin Julia Kick, im Sommer 2021 kurz vor Weihnachten die Bauverhandlung. Baustart war im Februar 2022, die Bauzeit betrug ca. ein Jahr.

Stimmige Idylle am Land
Sitzplatz: Dank der Verlegung des Eingangs nach vorne ist vor der Flurküche ein gepflasterter Sitzplatz inmitten des Gartens entstanden.

Wichtig bei der Sanierung waren der Familie die Neuausrichtung des Hauses und die Erschließung des Gartens. Der neue Zugang wurde auf die gegenüberliegende Seite verlegt, der ursprüngliche Eingangsbereich mit der Gaupe aus den 1970er-Jahren wurde entfernt. Auf die Frage, warum die Bauleute nicht den alten Stadel ausbauen wollten, meint die Familie: „Wir wollten den bestehenden Wohnraum nutzen.“ Das schien ihnen ökonomisch und ökologisch am sinnvollsten. Deshalb entschieden sie sich zusammen mit Architektin Julia Kick für den Rückbau des bestehenden Wohnraumes und die behutsame Anpassung an ihre Bedürfnisse.

Stimmige Idylle am Land
Im Zentrum der Flurküche steht der neue Holzofen, der zusammen mit der Pelletsheizung dem Haus eine wohlige Wärme verleiht.

Auf die Frage nach den Herausforderungen dieses Projekts meint die Architektin: „Die Hauptwünsche der Bauleute waren für mich völlig nachvollziehbar. Daher waren wir uns über die Idee schnell einig.“ Spannend sei gewesen, aus dem Bestehenden einen hochwertigen Wohnraum mit Gartenzugang herauszuarbeiten, zumal die bisherige Ausrichtung nicht optimal war.

Stimmige Idylle am Land
Vom lichtdurchfluteten Anbau mit der Flurküche und dem abgesenkten Betonboden herrscht ein Ausblick, der bis zum Bodensee reicht.

Die Raumstruktur der nordseitigen, zur Straße orientierten Zimmer wurde erhalten. Die ursprüngliche Flurküche wird nun von Osten betreten. Als zentraler, offener Wohn-, Koch- und Essraum erstreckt sie sich zwischen Stube und Tenne auf mehreren Ebenen. Große neue Öffnungen in zwei Geschossen sorgen für viel Licht und erlauben den Weitblick bis zum See. Der Boden in diesem Bereich wurde um ca. 50 cm abgesenkt. Das war möglich, weil der darunterliegende Keller über eine außergewöhnliche Raumhöhe verfügte.

Stimmige Idylle am Land
Dank des Lichteinfalls von oben und der Wärme von der Seite bietet der Ofen eine heimelige Sitzecke. Verstärkt wird die Atmosphäre durch drei Hängelampen.

Im Zentrum des Zubaus befindet sich der neue Holzofen. Er dient nicht nur als Wärmequelle, sondern ist gleichzeitig auch Raumteiler. Daneben verfügt das Haus über eine Pelletsheizung. Der baufällige Kamin wurde entfernt, um im Entwurf räumliche Möglichkeiten zu eröffnen. Der Zwischenraum im Erdgeschoss ist nach oben offen, über die Öffnung im oberen Stock, der über die Treppe zugänglich ist, wurde ein dichtes Netz aus Seilen gespannt, das sich mehr und mehr als Tummelplatz für die Kinder entpuppt. „Sie begrüßen es morgens und wünschen ihm abends eine gute Nacht“, so die Mutter. So konnte auf ein Geländer verzichtet werden, was zusätzliche Luftigkeit verleiht.

Stimmige Idylle am Land
Der großzügig gestaltete Eingangsbereich mit der Garderobe öffnet den Raum für Besuchende schon beim Betreten.

Hommage an die Kapelle

Außen wurde der Verputz der angrenzenden Kapelle als Anleihe und Inspiration genommen. Die Fenstergewände aus Sandstein wurden in behutsamer Kleinarbeit restauriert. Bei den Fensterläden legten die Bauleute selbst Hand an. Auf Anraten eines Fachmannes wurden die 36 Läden des Gebäudes in mühevoller Handarbeit abgeschliffen, gemalt und erstrahlen jetzt in neuem Glanz.

Stimmige Idylle am Land
Im ersten Obergeschoß wurde von den Bauleuten auf ein Geländer verzichtet, um dem Raum nicht die Offenheit zu nehmen. Stattdessen wurde ein straffes Netz gespannt.

Eine besondere Hürde stellte die zu verwendende traditionelle Leinölfarbe dar, so der Bauherr. „Sie war im heimischen Fachhandel nicht zu bekommen, daher recherchierten wir selbst.“ Und sie waren erfolgreich. Ihr Lieferant: der Ausstatter von Schloss Schönbrunn. Die Familie lebt nun seit mehreren Monaten im Haus und ist rundum glücklich. Auch die Architektin zeigt sich mit dem Projekt zufrieden: „Die Sanierung war ein Prozess, in den sich die Bauleute stark eingebracht haben. Das begann mit der Planung und reichte über Abrissarbeiten bis hin zu Restaurierungsarbeiten und vielem mehr.“

Stimmige Idylle am Land
Kinderzimmer mit viel Raum zum Spielen.
Stimmige Idylle am Land
„Die Sanierung war ein Prozess, in den sich die Bauleute stark eingebracht haben. Die Kunst war, wie bei allen meinen Projekten im Bestand, so wenig wie möglich und so viel wie nötig zu sanieren”, so Architektin Julia Kick.

daten und fakten

Objekt: Sanierung Fronhofen, Hörbranz

Bauherr: privat

Architektur: Julia Kick Architekten, www.juliakick.com

Statik: fetz bauingenieur – Bmstr. DI(FH) Martin Fetz, Hohenems

Fachplanung: Bauphysik: DI Erich Reiner, Bezau 

Planung: 08/2020–02/2022

Ausführung: 03/2022–04/2023

Grundstück: ca. 1900 m²

Nutzfläche: ca. 200 m² (zzgl. Keller 85 m²)

Besonderheiten: Erhaltenswert gemäß Vorarlberger Wohnbauförderung

Ausführung: Zimmerer: Zimmerei Huber, Mellau; Baumeister: Basil Schnetzer, Bregenz; Elektro: Elektro Innovativ, Schwarzach; Installateur: Strele Installationen, Dornbirn; Verputz: Helmut Kalb, Dornbirn; Dachdecker: Dachi, Lustenau; Ofenbau: Henn Herde&Ofenbau, Nütziders; Fenster und Möbel: Tischlerei Sigg, Hörbranz; Steinmetz/Restaurator: Burkhard Fessler, Hard; Pflaster: Daniel Pansi, Dornbirn

Energiekennwert: 75 kWh/m² im Jahr (HWB)

Eine Baukulturgeschichte von vai Vorarlberger Architektur Institut.

Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at. Mit freundlicher Unterstützung von der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen

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