Kleine Dopaminkicks durch Social Media

24.09.2023 • 10:00 Uhr
Bis zu drei Stunden am Tag verbringen Jugendliche auf dem Handy. <span class="copyright">pem/rettenberger</span>
Bis zu drei Stunden am Tag verbringen Jugendliche auf dem Handy. pem/rettenberger

Jugendarbeiter und Suchtberater Christian Rettenberger über das Konsumverhalten von Jugendlichen.

Bregenz, Götzis Bereits mindestens fünf Minuten nach dem Aufwachen schaut jeder auf sein Smartphone. Tagsüber wird häufig kontrolliert: Habe ich eine Nachricht bekommen? Ist etwas Neues passiert? Hat jemand wieder Urlaubsfotos gepostet? Dabei erwischt man sich häufig beim stundenlangen Scrollen durch soziale Medien wie TikTok und Instagram. Besonders bei Jugendlichen geschieht dies oft. „Durchschnittlich gesehen verbringen 12- bis 19-Jährige ungefähr 200 Minuten am Tag online. Da Jugendliche hauptsächlich mit dem Smartphone online sind, kann man also von über drei Stunden am Tag ausgehen“, sagt Christian Rettenberger, der bei der Suchtpräventionsstelle Supro Workshops zur Sensibilisierung für das Thema Sucht leitet.

Christian Rettenberger ist Jugendarbeiter und Suchtberater.
Christian Rettenberger ist Jugendarbeiter und Suchtberater.

Medien können allerlei Nutzen haben, sei es für Kommunikation, Unterhaltung, Vernetzung, aber sie dienen ebenfalls als Informationsplattform. „Für Jugendliche sind sie besonders wichtig. Sie können dort Neuigkeiten erfahren, aber auch Kontakte knüpfen und sich austauschen“, sagt Rettenberger. Oft beeinflusst Social Media auch unsere Meinung. „Sie sind auf Klicks und Verweildauer angewiesen. Somit sind vor allem jene Inhalte erfolgreich, welche die eigene Meinung bestätigen, andere Meinungen ablehnen oder die Emotionen der Userinnen und User ansprechen“, so der Experte.

In den Betriebseinstellungen kann man die eigene Bildschirmzeit nachschauen. <span class="copyright">pem</span>
In den Betriebseinstellungen kann man die eigene Bildschirmzeit nachschauen. pem

„Leider funktionieren hierbei negative Nachrichten besser als positive, und das kann zu einer verzerrten Wahrnehmung führen. Es kann dann zu sogenannten digitalen Echokammern oder auch Bubbles kommen, in denen die eigene Meinung immer stärker radikalisiert wird.“ Durch das endlose Scrollen wird unser Gehirn in einer ständigen Spannung gehalten. Dabei erwartet man, ständig etwas Neues zu sehen. „Es handelt sich also um fortlaufende kleine Dopaminkicks. Das Problem dabei ist, dass diese andauernden Dopaminkicks zur Abstumpfung führen können und es immer mehr Nutzungszeit benötigt, um dieselbe Wirkung zu erreichen“, sagt Rettenberger. Dies kann wiederum zu Motivationsverlust, Stimmungsschwankungen oder sogar zur Sucht führen.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Infogram angezeigt.

Aus diesem Grund ist es wichtig, einen „gesunden“ Umgang mit den sozialen Medien zu etablieren. Das kann man unter anderem machen, indem man seine eigene Bildschirmzeit reguliert. Das geht mithilfe von einigen Apps oder in den Betriebseinstellungen des Smartphones. Hilfreich kann auch sein, sich nur eine gewisse Zeit vom Tag für Social Media zu reservieren, sprich sich bewusst zu entscheiden, es nicht mehr wie eine halbe Stunde täglich zu verwenden. „Wichtig sind auch reale soziale Kontakte mit Familie und Freunden. Es kann hilfreich sein, in dieser Zeit das Handy komplett wegzulegen oder auf Flugmodus zu schalten, um möglichst nicht abgelenkt zu werden“, betont Christian Rettenberger. Im radikalsten Fall könnte man einen Social-Media-Detox machen und für einige Zeit komplett darauf verzichten.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Infogram angezeigt.

Umfrage: Wie häufig verwendet Sie Social Media?

Meine durchschnittliche Bildschirmzeit beträgt täglich drei Stunden. Am häufigsten benutze ich TikTok, Instagram und WhatsApp. Ich vergesse manchmal die Zeit, wenn ich am Handy bin, dagegen habe ich mir jetzt eine Meldung eingerichtet, die mir alle zwei bis drei Stunden sagt, dass ich mein Handy weglegen soll.

Helena Kremmel, 16 Jahre, Bregenz 

Das Problem ist, dass ich mich oft selbst dabei erwische, wie ich mir aus Langeweile oder weil ich gestresst bin, Instagram-Reels ansehe und dabei die Zeit vergesse. Man kann immer weiter wischen und vergisst dabei, was man angesehen hat. Das finde ich total gefährlich. Mir ist auch aufgefallen, dass ich mich total unwohl fühle, wenn ich mein Handy nicht dabeihabe. Ich brauche es zwar nicht, habe aber trotzdem ständig das Gefühl, was zu verpassen.

Simon Berkmann, 20 Jahre, Schwarzach 

Ich bin am Tag durchschnittlich vier Stunden am Handy. Bei mir geht aber momentan auch einiges an Zeit für die Arbeit drauf. Die App, die ich am meisten benutze, ist Snapchat. Es passiert mir schon manchmal, dass ich am Handy verhänge und die Zeit vergesse. Dann versuche ich, mein Handy wegzulegen, das funktioniert allerdings nicht immer so, wie ich das gerne hätte.  

Paloma Mock, 21 Jahre, Lustenau 

Die Zeit, die ich täglich am Handy verbringe, hängt stark von meinem Alltag ab. Je mehr Freizeit ich habe, desto öfters ertappe ich mich am Handy. Meine Vermutung ist, dass ich mich mit meinem Handy ablenke. Immer wieder fällt mir auf, dass ich schon nach kurzer Zeit am Handy nur wenig Ahnung davon habe, was ich mir gerade angesehen habe. Die Apps, die ich am häufigsten benutze, sind YouTube Music, WhatsApp und Netflix.

Denise Kaufmann, 19 Jahre, Dornbirn