Phönix

21.10.2023 • 05:30 Uhr

Nach einem Brandfall errichteten Baumschlager Hutter Partners einen neuen Supermarkt mit Ecken und Kanten, an denen sich niemand stößt.

Text: Kerstin Forster | Fotos: Darko Todorovic

Bludesch Am Abend des 28. April 2020 brannte es im Untergeschoß des Sutterlüty-Marktes in Bludesch-Gais. Schnell zeichnete sich ab, dass an eine Sanierung nicht zu denken war und die Planungsarbeiten für den Neubau begannen innerhalb weniger Tage. Jürgen Sutterlüty, Inhaber der gleichnamigen Supermarktkette, beauftragte Jesco Hutter zunächst für eine Standortstudie, dann mit dem Neubau an diesem schwierigen Bauplatz. Entstanden ist ein Gebäude, das sich exakt in die Umgebung einfügt.

Alter Standort, auch wenn die beengten Platzverhältnisse zwischen Straßen, Gewerbegebiet und Einfamilienhausquartier zunächst zur Überlegung eines Neubaus in der Nähe führten.

Logistik ist das wichtigste Thema für einen Supermarkt: „Wenn die Anlieferung nicht funktioniert, funktioniert hier gar nichts“, sagt Jesco Hutter. Die Erschließung war deshalb von der Planung bis zum Bau präsent. Am selben Platz stand auch der alte, 1991 errichtete Sutterlüty-Markt, der sich aufgrund der Rauchschäden nicht wieder für die Nutzung als Lebensmittelgeschäft sanieren ließ. Die verkehrsgünstige Lage an der Kreuzung zweier Bundesstraßen im Weiler Gais sprach für den Verbleib am Standort.

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Egal von welcher Seite man auf den Markt trifft, man kann ihn nie in seiner ganzen Dimension erfassen …

Der ganze Markt ist in Holzständerbauweise ausgeführt, auch das Treppenhaus zu den schönen Personal- und Arbeitsräumen im eingezogenen Obergeschoß über der Logistikzone. Nur Liftschächte und eine rückwärtige Wand sind als statisch wirksame Betonelemente ausgebildet. Die Verkaufsfläche mit einer Cafeteria ist in einem nahezu stützenfreien, fast sechs Meter hohen Raum untergebracht.

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… immer sieht man nur ein, zwei Seiten, die mit den Fassadenausschnitten und einem Knick unterhalb der Firste den Blick weiterführen.

Die Decken und Balken aus Fichte sowie der beschichtete Estrichboden sorgen für eine angenehme Atmosphäre und ein ruhiges Ambiente. Die Typologie eines Supermarktes ist besonders, erklärt Jesco Hutter. Nicht nur muss man die internen Abläufe verstehen und lösen, „ein Laden ist immer auch im Ort verankert. Wir haben versucht, das Volumen für den Ort maßstäblich zu machen. Durch die Bewegung in der Fassade wirkt das große Gebäude kleiner und durch die Dachform nimmt man es zweigeschoßig wahr. So fügt es sich, auch durch die vier Firste, in die Struktur der dahinterliegenden Siedlung ein.

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Keilförmige Öffnungen und die kleinere Grundfläche des Erdgeschoßes machen die Garage hell.

Baumschlager Hutter hatten die Aufgabe, das 2894 Quadratmeter große Grundstück so zu bebauen, dass es einerseits hochwassersicher war, andererseits das gesamte geforderte Raumprogramm von Parkplätzen über Verkaufs- und Büroflächen, bis Anlieferung und Lager auf der verhältnismäßig kleinen Fläche untergebracht werden konnte. Eine steile Rampe führte einst auf ein Parkdeck, nun befinden sich die 63 PKW-Stellplätze in der neuen Tiefgarage, deren Grundriss exakt den Maßen des Grundstückes entspricht. Man erreicht sie über eine kurze, sanfte Abfahrt. Hier stellt sich die erste positive Überraschung ein: Es ist auffallend luftig und hell, denn an allen Seiten fällt Tageslicht ein.

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Fast sechs Meter hoch ist der Verkaufsraum mit dem Bistro im Hintergrund. Hinter diesem befinden sich das Lager und eine Vorbereitungsküche, darüber das zweite Obergeschoß mit Räumen für Personal und Technik.

Dies gelang durch zwei Kniffe. Erstens ragt die Garage etwas über Bodenniveau hinaus und hebt den darüberliegenden Supermarkt aus
der Hochwasserzone, zweitens ist die Betondecke der Garage kleiner als deren Grundfläche und leicht gedreht, wodurch sich an allen Seiten keilförmige Öffnungen ergeben, wo sich auch Ein- und Aufgänge befinden. Das Grundstück ist eingezwängt und nicht rechtwinklig. Weil das ganze Grundstück bebaut wurde, war es schwierig die Zuwegung zu planen, aber auch die Baustelle einzurichten. Jürgen Sutterlüty forderte aus Überzeugung einen Holzbau. Die Möglichkeit, die Elemente andernorts vorzufertigen, kam auch dem Baufortschritt zugute.

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Etwa 1600 m2 Nutzfläche beherbergt der Holzständerbau. Alle verwendeten Baumaterialien sind sichtbar und unverkleidet belassen, selbst die Grobspanplatten (OSB) an den Innenwänden.

Wie das Grundstück ist auch der Supermarkt polygonal, es gibt acht verschieden lange Wände. Durch die Drehung des Baus ergibt sich eine lebendige Ansicht. Mal liegt eine Glasfassade am Gebäude an, mal gibt es eine weitere Schicht aus vertikaler Holzlattung unter dem mancherorts auskragenden Dach, sodass sich ein Durchgang von der Brücke her bildet oder ein gedeckter Weg zur Terrasse des Cafés. Optisch ist es ein Täuschungsmanöver, praktisch verstecken sich dahinter und darunter ein Vorplatz, aber auch Einkaufswagen und ein Bankomat.

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Jürgen Sutterlüty verfolgt seit Mitte der Neunzigerjahre eine stringente Architekturstrategie für seine Märkte, deshalb kam nur ein Holzbau infrage.

Auf dem Dach befindet sich eine Photovoltaikanlage, die etwa ein Drittel des benötigten Stromes erzeugt. Supermärkte sind durch die Kühlanlagen wahre Stromfresser, die anfallende Abwärme wird aber wieder zurückgewonnen, sodass der ganze Markt ohne fossile Brennstoffe auskommt. Jürgen Sutterlüty ist eine identitätsstiftende Architektur wichtig, das Gebäude soll auch widerspiegeln, was im Inneren passiert: regionale Produkte, Wertschöpfung vor Ort, eine wertschätzende Haltung den Menschen gegenüber, lokale Wirtschaftskreisläufe, so nachhaltig und klimafreundlich wie möglich. Das gilt sowohl für die Lebensmittel als auch für alle verwendeten Baumaterialien und Baufirmen. „Was ich an Jürgen schätze ist, dass er das Produkt, das er verkauft, auch baulich umsetzt“, sagt Jesco Hutter, „er achtet auf den Ort, die Menschen im Gebäude und die Anrainer“.

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Lager und Logistikzone sind jetzt ebenerdig im hinteren Gebäudeteil untergebracht, weil Hoch- und Grundwasser schon vor dem Brand zu Schäden führten. Darüber befinden sich die Technik- und Personalräume.

daten und fakten

Objekt: Sutterlüty Markt Gais, Bludesch

Bauherr: Sutterlüty Immobilien, Egg

Architektur: Baumschlager Hutter Partners, Dornbirn, baumschlager-hutter-partners.com

Statik: Mader Flatz ZT, Bregenz, www. mfs-zt.at

Fachplanung: Bauphysik: BDT, Frastanz; Elektro: René Fröhle, Schlins; Landschaft: Daniela Walter, Bludesch; Innenarchitektur: Redsquare, Berlin

Planung: 04/2020–03/2021

Grundstück: 2894 m²

Nutzfläche: 1648 m² (zzgl. Tiefgarage)

Bauweise: Tiefgarage: Stahlbeton; Erd- und Obergeschoß: Holzständerbauweise

Ausführung: Baumeister: Tomaselli Gabriel, Nüziders; Zimmerer: Holzbau i+R, Lauterach; Fenster, Pfosten-Riegelfassade: Jobarid, Röthis; Heizung, Lüftung: Markus Stolz, Bregenz

Energiekennwert: 28,1 kWh/m² im Jahr (HWB)

Baukosten: 3,5 Mio. Euro

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Alle 63 PKW-Stellplätze befinden sich in der neuen Tiefgarage. Man erreicht sie über eine kurze, sanfte Abfahrt, schlüpft gewissermaßen unter das Gebäude.

Eine Baukulturgeschichte von vai Vorarlberger Architektur Institut.

Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at. Mit freundlicher Unterstützung von der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen

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