Herbert Geringer und die Höhen und Tiefen seines Lebens

Gartenexperte Herbert Geringer (80) war beruflich erfolgreich. Aber es gab auch Tiefpunkte in seinem Leben. Dazu gehörten der Tod seines Sohnes und die Alzheimererkrankung seines Vaters.
Rankweil Herbert Geringer, der bis vor einigen Jahren mit dem „Gartenpark Geringer“ in Rankweil einen der größten Gartenbaubetriebe Vorarlbergs führte, war der bekannteste Gärtner Vorarlbergs: Seine Tipps wurden über 20 Jahre in den Vorarlberger Nachrichten begierig gelesen, seine Fernsehbeiträge erzielten regelmäßig höchste Einschaltquoten, und viele Hobbygärtner pilgerten denn auch Jahr für Jahr in den Rankweiler Vorzeigebetrieb, um sich mit schönen Büschen, Bäumen und Blumen selbst ein Gartenparadies zu schaffen. Dass er einst medial stark präsent war, kommentiert der 80-Jährige heute augenzwinkernd mit: „Ich bin mir damals schon selbst auf die Nerven gegangen.“ Aber Geringer war keiner, der sich feiern ließ. Er war vielmehr immer einer, der die Ärmel hochkrempelte und einen starken Gestaltungswillen hatte.

Zu arbeiten, das hatte er schon als Kind gelernt. „Meine Eltern erzogen mich und meine Schwester Traudi früh zur Arbeit. Mama verstellte abends die Uhr, damit wir nicht wissen, wie lange wir tatsächlich arbeiten mussten. Sie hatte Angst, dass wir es in der Schule ausplaudern könnten.“ Josef und Anny Geringer, die während des Zweiten Weltkrieges aus dem bombardierten Wien nach Vorarlberg geflüchtet waren, legten den Grundstein für den späteren Erfolg des Sohnes.
Mit 18 ein Bandscheibenvorfall
Geringers Vater nahm eine Anstellung im landwirtschaftlichen Betrieb in Tufers an, der zur damaligen Wohltätigkeitsanstalt Valduna gehörte. 1950 machte sich der studierte Landwirt selbstständig, pachtete die Geflügelzuchtstallung in Tufers und betrieb eine Gärtnerei für Obst- und Beerengehölze. 1956 erwarb er einen Grund in Rankweil und errichtete ein Wohnhaus, einen Hühnerstall und eine Brüterei. Sein Sohn musste mithelfen, die Tiere zu versorgen. „Es gab für uns keinen Sonntag und keinen Feiertag.“ Ab Ende der Siebzigerjahre trat die Rosenzucht an die Stelle der Geflügelzucht. Der Hühnerstall und die Brüterei wurden abgerissen und ein „Gartencenter“ mit Verkaufshalle errichtet, welches in den Neunzigerjahren vom Sohn zum „Gartenpark Geringer“ ausgebaut wurde.

Schon als Kind war Geringer sonnenklar, dass er einmal in die Fußstapfen seines Vaters treten würde. „Eine andere Berufswahl stellte sich nicht.“ Zunächst absolvierte er die Handelsakademie in Bregenz. Mit 18 bremste ihn eine Krankheit ein. „Ich hatte einen Bandscheibenvorfall, verbrachte sechs Monate in der Klinik in Innsbruck.“ Die Zeit im Spital vertrieb er sich damit, indem er Philosophen wie Nietzsche und Platon las. „Philosophie ist die Weisheit, wie man ein Leben gut führen kann.“

Nach der Matura studierte Geringer Gartenbau in Deutschland. „Das interessierte mich zehnmal mehr als die Geflügelzucht. Gärten sprechen meinen Schönheitssinn an und sind lebendig. Das Leben an sich ist für mich ein Wunder.“ Geringer wurde zur rechten Hand und zum Partner seines Vaters. Als dieser schleichend an Alzheimer erkrankte, begann für seinen Sohn eine der schlimmsten Zeiten seines Lebens. Mit blutendem Herzen musste Geringer mitansehen, wie sein weitblickender und tüchtiger Vater, „der große Chef, der alles bestimmte“, zunehmend verfiel und Fehlentscheidungen traf. „Sein Wesen veränderte sich. Er wurde eigenartig, misstrauisch und fühlte sich bedroht.“

Jetzt lag es an seinem Sohn, das Unternehmen bzw. das Lebenswerk seiner Eltern zu retten und zu halten. „Ich beschloss, einen Gartenpark zu bauen. Das Wissen und die Liebe zu Pflanzen waren da. Ohne meine Frau Kornelia hätte ich es aber nicht geschafft. Sie hat große botanische Kenntnisse und brachte ihre Ideen ein.“

Kornelia schenkte ihm drei Söhne, einer von ihnen – Thomas – wurde nur zwei Jahre alt. Er ertrank im Teich des Gartenparks. „Der Teich war eingezäunt, aber irgendwie gelang es Thomas, sich hindurchzuzwängen.“ Die Geringers mussten lernen, mit dem Verlust zu leben. „Die Trauer begleitet einen und nagt am Herzen.“
Das Studium als Prävention gegen Alzheimer
Doch es gab auch viele schöne Zeiten im Leben des Gartenexperten. „Die schönste Zeit meines Lebens war die Studentenzeit.“ Geringer begann gegen Ende seines Berufslebens Kunstgeschichte zu studieren. „Das hat mich immer schon interessiert.“ Neben der Faszination für das Fach gab es noch einen anderen Grund, warum er studierte. „Ich hatte Angst, wie mein Vater und mein Onkel an Alzheimer zu erkranken. Ich dachte mir, dass ein Studium eine gute Prävention ist. Meine Ärzte meinten, dass es sicher nicht von Nachteil sei.“ Der Austausch mit den Professoren und den Studenten bereicherte Geringer. Seine Diplomarbeit schrieb der Seniorstudent zum Thema „Herrschaftsgärten in Vorarlberg“. Im Jahr 2018 feierte er Sponsion. Eigentlich wollte er noch eine Dissertation schreiben über die Basilika in Rankweil. Er begann damit, erkrankte dann aber am Herzen.

Geringer, der mit 75 in Pension ging und sein Unternehmen verpachtete, hofft, dass er noch erleben kann, wie seine fünf Enkel, die er sehr liebt, älter werden. Er ist sich aber bewusst, „dass man sich mit 80 Jahren auf der Zielgeraden des Lebensweges befindet“. Angst vor dem Tod hat er nicht. Nur eines möchte er nicht: Elend sterben und so verfallen wie sein Vater.