Nachruf auf Marie-Luise Angerer

Die Bregenzerin verstarb im Alter von 65 Jahren in Berlin.
Berlin Vor wenigen Tage verstarb in Berlin mit Marie-Luise Angerer eine der bekanntesten Wissenschafterinnen aus Vorarlberg. Geboren wurde sie 1958 in Bregenz. Nach dem Besuch des neusprachlichen Gymnasiums im Gallusstift studierte sie Medienwissenschaft an der Universität Wien. Es folgten verschiedene Projekte, ehe sie für einige Zeit bei Ö1 arbeitete. Sie hatte aber stets eine wissenschaftliche Karriere vor Augen. 1987-1988 war Angerer wissenschaftliche Mitarbeiterin am Interdisziplinären Forschungsinstitut in Bregenz. Aus dieser Zeit stammt ihre einzige wissenschaftliche Publikation zu einem Vorarlberger Thema, nämlich die Studie über „Bildungswünsche und –verhinderungen Vorarlberger Mädchen und Frauen“. Bereits als „gemachte Frau“ referierte sie 2003 beim Philosophicum in Lech. Zwischen diesem Referat und der Bregenzer Anstellung lagen mühsame Jahre der wissenschaftlichen Etablierung, die sie nach Australien und in die USA führten, ehe sie 1996 mit dem Thema „Medienkörper. Produktion und Repräsentation von Geschlechtsidentitäten“ in Salzburg habilitierte.
Ihre erste Professur erhielt sie 1998 an der Central European University Budapest im Bereich „Gender&Culture“. Diese beiden Phänomene sollten auch ihre weitere wissenschaftliche Laufbahn bestimmen. Immer bewegten sich nun ihre zahlreichen Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Kunst und Medien. Im Jahr 2000 wurde sie an die Kunsthochschule für Medien in Köln, Bereich Medien- und Kulturwissenschaft, berufen. Etliche Jahre wirkte sie hier auch als Rektorin. 2015 folgte Prof. Angerer einem Ruf an die Universität Potsdam und leitete hier den Studiengang „Europäische Medienwissenschaft“.
Im Zentrum ihrer umfangreichen Forschungen und Publikationen stand immer wieder der Wandel medialer Körper- und Menschenbilder und in den letzten Jahren gehörte ihr Interesse verstärkt der Affekttheorie.
Am 2. März dieses Jahres starb die produktive und bedeutende Wissenschafterin und engagierte Feministin, die sich über die Jahre auch als Mentorin für junge Frauen in der Forschung einen besonderen Ruf erworben hatte, nach längerem schweren Leiden.
Meinrad Pichler