Eine Ringstraßenbahn in Vorarlberg?

26.08.2024 • 15:28 Uhr
Eine Ringstraßenbahn in Vorarlberg?
Eine Vorarlberger Straßenbahn ist keine neue Idee – es gab sie schon einmal, wie dieses Bild aus Dornbirn zeigt.

Mobilitätslandesrat Daniel Zadra feuert die Diskussion um eine Tram von Höchst nach Lustenau über Dornbirn und weiter an. Die Zeichen der Zeit hätten sich geändert. Es müsse gehandelt werden.

Bregenz Nächster Halt: Lustenau Kirche. Über 120 Jahre ist es her, dass die Straßenbahn erstmals im Ortszentrum der Gemeinde stoppte. 86 Jahre ist es her, dass die erste Tram Vorarlbergs Geschichte war. Nun soll sie wiederauferstehen. Zumindest Mobilitätslandesrat und Grünen-Chef Daniel Zadra macht dafür mobil. 2019 sprachen die Argumente in einem Evaluierungsbericht der Schweizer EBP für die Landesregierung noch dagegen. Eine Straßenbahn sei in Vorarlberg weder wirtschaftlich sinnvoll, noch sei die Siedlungsdichte hoch genug, lautete das Fazit. „Seither hat sich einiges verändert“, sagt Zadra. Die Finanzierung wäre aufgrund von Bundes- und EU-Geldern besser zu stemmen. Ebenso müsse der Wohnbau, Industrie und Gewerbe massiv verdichtet werden, um Flächen zu sparen. Was einst ein Argument gegen eine Straßenbahn gewesen sei, spreche heute genau dafür.

Eine Ringstraßenbahn in Vorarlberg?
Auszug aus dem Evaluierungsbericht 2019: Die violette Linie markiert die Ringstraßenbahn, die in drei Abschnitten laufen würde. Von Bregenz nach Höchst, von Höchst nach Dornbirn und von Dornbirn wieder zurück nach Bregenz.

Gesamtkosten: 620 Millionen Euro

„Die Straßenbahn feiert in Europa eine Renaissance. Viele Städte und Regionen setzen darauf, weil die Straßenbahn im Vergleich zu klassischen Bussystemen viele Vorteile aufweist: mehr Passagiere, dichtere Frequenz, eine bessere Abwicklung der Fahrradmitnahmen, Kinderwägen und Barrierefreiheit“, zählt Zadra unter anderem auf. In Vorarlberg möchte der Mobilitätslandesrat auf bereits bestehende Pläne zurückgreifen. So würde die Ringstraßenbahn vom Höchster Kirchplatz über Lustenau und dem Messepark zum Dornbirner Bahnhof reichen. In einer weiteren Etappe könnte sie über Schwarzach, Wolfurt und Lauterach nach Bregenz führen. Von dort aus ginge es über Hard und Fußach zum Ausgangspunkt Höchst. Die geschätzten Kosten des Projekts lagen 2019 bei 620 Millionen Euro. „Das ist vergleichbar mit dem Großprojekt Stadttunnel Feldkirch, mit der Ausnahme, dass der Bund 50 Prozent mitfinanzieren würde.“

Großzügige Bundesförderung

Das ist neu. Das Verkehrsministerium fördert seit heuer die Errichtung von Regionalstadtbahnen, bisher war dies nur für Eisenbahnen mit eigenen Gleisen möglich. Von Innsbruck nach Rum, in Linz und Graz unterstützt der der Bund entsprechende Projekte mit 13 bis 38 Millionen Euro. Vorarlberg soll daran anknüpfen, sagt Zadra. Wenngleich der Bundeszuschuss deutlich höher wäre. „Ich gehe nicht davon aus, dass man alle drei Linien auf einmal errichten würde“, schränkt der Mobilitätslandesrat ein. Mit der Linie Höchst über Lustenau nach Dornbirn würde begonnen. Hierfür brauche es weniger als ein Drittel der 2019 errechneten 620 Millionen Euro.

Daniel Zadra, Straßenbahn
Daniel Zadra vor einer Straßenbahn in Wien: “Wir müssen den Mut haben urbaner zu bauen.” Sackl

Neben den Bundesgeldern rechnet Zadra auch mit einer EU-Förderung über den Green Deal. Zudem könnte das Land einen Beitrag leisten, ebenso die Kommunen. „Natürlich kann man auch mit Privaten in ein Konsortium eintreten.“ Für große Arbeitgeber oder Einkaufszentren in der Region brächte die Straßenbahn einen extremen Mehrwert, ist Zadra überzeugt.

Acht bis zehn Jahre

„Vom klaren Bekenntnis, dass gebaut wird, bis zur Realisierung braucht es acht bis zehn Jahre“, schätzt der Landesrat. Zumal es einen Konsens gebe, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, den Wohnbau sowie Industrie- und Gewerbezentren zu verdichten, zweifelt der Mobilitätslandesrat nicht an einer Einigung. Auch würden die Ortszentren mit der neuen Anbindung aufgewertet. „Wir müssen den Mut haben urbaner zu bauen, um Flächen zu sparen und die grüne Lunge Vorarlbergs zu schützen.“ Die dazu passende Mobilitätslösung laute: Straßenbahn.

Die ehemalige Remise in Dornbirn, Straßenbahn
Ein Bild aus anderen Zeiten. Das war die ehemalige Remise an der Säger Brücke in Dornbirn. Wikimedia

20 bis 25 Garnituren wären unterwegs, sollte die gesamte Runde ausgebaut. Die Wartezeit würde sich zu Hauptverkehrszeiten auf maximal 7,5 Minuten begrenzen – „eine psychologische Barriere, nicht mehr auf den Fahrplan zu achten“, wie Zadra sagt. Der Großteil des Ausbaus würde auf Bestandsstraßen abgewickelt. „Es gibt extrem viele Vorarbeiten bis hin zur technischen Machbarkeit des Projekts.“  

Die ersten Grundsteine seien gelegt, um zu diesem „Meilenstein für das Untere Rheintal“ zu kommen. So könnte die Straßenbahn knapp 100 Jahre nach ihrer letzten Reise in Vorarlberg wieder Fahrt aufnehmen.

Die Eröffnungsfeier am 30. November 1902 (Dornbirn, Bahnhofstraße), Straßenbahn
Am 30. November 1902 wurde in der Dornbirner Bahnhofstraße die Eröffnung gefeiert. Wikimedia