Vielschichtiger Saisonauftakt in der Tonhalle

08.09.2024 • 15:38 Uhr
Unter der Leitung von Modestas Pitrenas überzeugten das Sinfonieorchester St. Gallen und der Tenor Edgaras Montvidas.
Das erste Tonhalle-Konzert der Saison in St. Gallen stand unter dem Motto „Auftakt mit Klassikern”. SO St. Gallen

Bohdan Luts überzeugte als Solist in Antonín Dvořáks Violinkonzert a-Moll.

St. Gallen Das erste Tonhallekonzert der Saison in St. Gallen mit dem Titel „Auftakt mit Klassikern“ präsentierte am Freitagabend ein abwechslungsreiches Programm, das von Meisterwerken der Romantik bis zur vertrauten Wiener Klassik reichte. Unter der Leitung von Modestas Pitrenas führte das Sinfonieorchester St. Gallen das Publikum durch Werke von Johannes Brahms, Antonín Dvořák und Ludwig van Beethoven – ein ambitionierter Auftakt, der jedoch gemischte Eindrücke hinterließ.

Bohdan Luts
Bohdan Luts iryna seredaüberzeugte mit technischer Brillanz und makelloser Intonation.

Eröffnet wurde der Abend mit der Akademischen Festouvertüre in c-Moll op. 80 von Johannes Brahms, einem Stück, das sich hervorragend für festliche Anlässe eignet. Brahms komponierte es als Dank für die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Breslau und verbindet gekonnt Studentenlieder wie „Gaudeamus igitur“ mit akademischem Ernst. Diese Mischung aus heiteren Melodien und struktureller Strenge verleiht der Ouvertüre einen einzigartigen Charme. Das Orchester spielte die Ouvertüre mit Energie und Überzeugung, wobei sich vor allem die Streicher hervortaten. Die Blechbläser hingegen hatten anfangs Schwierigkeiten, ihre gewohnte Strahlkraft zu entfalten, was zeitweise zu einem klanglichen Ungleichgewicht führte. Im weiteren Verlauf entwickelte sich jedoch ein harmonisches Zusammenspiel, das die Lebendigkeit der Themen eindrucksvoll zur Geltung brachte.

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Ein besonderer Höhepunkt des Abends war der Auftritt des jungen Geigers Bohdan Luts, der als Solist in Antonín Dvořáks Violinkonzert a-Moll op. 53 brillierte. Luts, ein vielversprechendes Talent, überzeugte mit technischer Brillanz und makelloser Intonation. Dvořáks Konzert, das stark von der tschechischen Volksmusik beeinflusst ist, stellt hohe technische und interpretatorische Anforderungen an den Solisten. Luts meisterte die anspruchsvollen Läufe und komplexen Passagen des ersten Satzes mit beeindruckender Präzision, was von seiner fundierten Ausbildung und künstlerischen Reife zeugte. Trotz seiner technischen Fertigkeit fehlte seiner Darbietung jedoch eine gewisse Leichtigkeit, sodass sein Spiel gelegentlich etwas angestrengt wirkte. Dies zeigt, dass Luts trotz seiner herausragenden Fähigkeiten bis jetzt nicht die volle Ausdruckskraft erreicht hat, die dieses Werk verlangt. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis er diese Reife erlangt – zweifellos hat er eine vielversprechende Zukunft vor sich. Das Orchester begleitete ihn einfühlsam und gab ihm Raum, seine Virtuosität voll zu entfalten.

Modestas Pitrenas
Modestas Pitrenas ist Chefdirigent des Sinfonieorchesters St. Gallen. Augustas Didzgalvis

Den Abschluss des Abends bildete Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 5 in c-Moll op. 67, ein Werk, das jedem Liebhaber klassischer Musik vertraut ist. Das berühmte „Schicksalsmotiv“ stellt immer wieder eine Herausforderung dar, diesem oft gespielten Werk neue Nuancen abzugewinnen. Doch auch an diesem Abend blieb die Interpretation in vertrauten Bahnen. Die Aufführung war zwar handwerklich sauber, ließ aber die mitreißende Dramatik vermissen, die dieses Werk zu einem besonderen Erlebnis machen könnte. Vor allem im ersten Satz hätte die Aufführung an Intensität gewinnen können. Modestas Pitrenas führte das Orchester jedoch sicher durch die komplexe Struktur der Sinfonie. Vor allem im Scherzo und im Finale kam die Kraft des Orchesters noch einmal zur Geltung und sorgte für einen gelungenen Abschluss des Konzertabends.

Dieses Konzert war ein Erlebnis, das den Geist des Impressionismus und der Romantik lebendig werden ließ.  SINFONIEOCHESTER ST. GALLEN
Das erste Tonhalle-Konzert der Saison war ein vielversprechender Auftakt.  SINFONIEOCHESTER ST. GALLEN

Insgesamt war das erste Tonhalle-Konzert der Saison ein vielversprechender Auftakt. Vor allem die herausragende Leistung von Bohdan Luts und das souveräne Dirigat von Pitrenas hinterließen einen bleibenden Eindruck.