„Stillstand mag ich gar nicht!“

Diözesanbischof Benno Elbs (64) über seine Arbeit als Administrator in Liechtenstein und die Gerüchteküche.
Feldkirch Nicht erst einmal musste Diözesanbischof Benno Elbs quasi Feuerwehr spielen. Er war zwei Jahre apostolischer Administrator in der Zeit nach Bischof Elmar Fischer und Visitator in der Kärntner Diözese Gurk-Klagenfurt, als es dort zu Unstimmigkeiten kam. Seit 20. September 2023 betreut er auf Geheiß des Papstes die Erzdiözese Vaduz mit. Der als kurzes Gastspiel geplante Einsatz zieht sich.
Was war Ihr erster Gedanke, als Sie die Aufgabe in Liechtenstein ereilte?
Benno Elbs Ich habe mir tatsächlich gedacht, ob das nicht auch andere machen könnten, zum Beispiel der Bischof von Chur oder der Bischof von St. Gallen. Der Nuntius von Bern hat mir dann jedoch erklärt, dass der Papst möchte, dass ich es mache. Ich habe der Bitte des Vatikans entsprochen. Es ging darum, in einer für Liechtenstein schwierigen Situation den Übergang gut zu gestalten.
Hätten Sie das Ansinnen ablehnen können?
Benno Elbs Ja, aber ich bin Priester geworden, um für die Kirche einen Beitrag zu leisten, und wenn der Papst meint, das ist ein wichtiger Beitrag, wollte ich mich nicht verweigern. Es ist auch Vertrauen, das einem da geschenkt wird. Ich kannte die Erzdiözese vorher nicht, nur die Vorurteile, welche die kirchliche Situation betroffen haben. Es war der Versuch, etwas Ruhe hineinzubringen, einige Dinge zu ordnen, bis der neue Bischof kommt.
Die Rede war von einem halben Jahr. Woran scheiterte die Ernennung eines neuen Bischofs bisher?
Benno Elbs Das liegt vermutlich daran, dass es noch keine, wie immer geartete Lösung gibt. Es handelt sich kirchenpolitisch um eine spezielle Situation, weil Liechtenstein vorher ein Dekanat von Chur war. Da gibt es natürlich Menschen, die zurück zu Chur möchten. Der Großteil ist aber schon der Meinung, dass es Sinn macht, die Eigenständigkeit beizubehalten.
Welche Lösungen gäbe es?
Benno Elbs Es gäbe die Lösung zurück nach Chur, es gibt jene eines neuen Erzbischofs und die der Mitbetreuung durch einen anderen Bischof. Auch bei Letzterem bliebe das Erzbistum bestehen.
Würden Sie das übernehmen, sollte es der Papst so wollen?
Benno Elbs Die Frage habe ich mir ehrlicherweise noch nicht gestellt und auch nicht darüber nachgedacht. Es wäre wohl sinnvoller, wenn dies dann der Bischof von Chur machen würde.
Wie wurden Sie von der Kirche in Liechtenstein aufgenommen?
Benno Elbs Ich habe eine extrem große Hilfsbereitschaft erlebt. Liechtenstein ist ja eine Staatskirche. Da gibt es viele Verbindungen mit dem Fürstenhaus, der Regierung und den Gemeindevorstehern, weil sie Dienstgeber der Pfarrer und Kapläne sind. Auch die Kirchen gehören der politischen Gemeinde. Insofern braucht es ein gutes Einvernehmen mit den politischen Verantwortungsträgern.
Wie sieht es bei den Priestern aus?
Benno Elbs Die Priester sind sehr korrekt. Inzwischen kenne ich alle, die in Liechtenstein arbeiten. Zu manchen hat sich ein gutes Verhältnis entwickelt, aber nicht zu allen.
Ihre Prämisse zu Arbeitsbeginn war, die Gemüter beruhigen. Ist das gelungen?
Benno Elbs Ich würde schon sagen, dass das gelungen ist, sowohl der Politik als auch den Priestern gegenüber. Ich sehe im Augenblick jedenfalls kein Konfliktpotenzial. Es gibt natürlich riesige Themen für die Zukunft, etwa die Entflechtung von Kirche und Staat, die kommen muss. Die Regierung wollte jetzt noch das Religionsgemeinschaftengesetz beschließen. Ich habe gebeten, das nicht zu tun. Ich bin ja nur eine Übergangslösung. In diese Diskussion sollte der zukünftige Bischof einbezogen werden. Dem Ansinnen, die Entscheidung zu verschieben, ist der Landtag nähergetreten.
Wie gehen Sie mit der Doppelbelastung um?
Benno Elbs In Liechtenstein kommt mir die Form der katholischen Kirche zugute, weil fast alles in den Gemeinden abläuft. Strukturen, wie wir sie mit dem Pastoralamt, der Finanzkammer oder dem Bauamt haben, bestehen nicht. Insofern gibt es weniger organisatorische Aufgaben. Meine Hauptaufgabe ist die Beziehung zu öffentlichen Instanzen, zu den Priestern und ist die Seelsorge. Ich gehe in Altenheime, mache Firmungen, halte Gottesdienste in der Kathedrale. Man ist eher als Seelsorger gefordert, denn als Chef.
Gibt es etwas, das die Arbeit für Sie in Liechtenstein schwierig macht?
Benno Elbs Das Schwierigste für mich ist das Provisorium. Du kannst Entscheidungen treffen, aber du solltest keine treffen, die den zukünftigen Bischof präjudizieren. Insofern herrscht Stillstand, etwas, das ich nicht so gerne habe. Auch die Kirche in Liechtenstein verändert sich, die Menschen, die gesellschaftliche Situation verändern sich. Deshalb wäre es gut, sich miteinander pastorale Konzepte bzw. Zukunftsvisionen zu überlegen. Natürlich könnte ich das machen, aber es hat keinen Sinn, weil ich in einer Woche vielleicht schon nicht mehr Administrator bin. Das hemmt. Ich mache jetzt die Seelsorge und Dinge, die unmittelbar akut sind und bei denen ich das Gefühl habe, sie verbessern das Verhältnis zwischen Kirche und staatlichen Instanzen.
Es gibt ein neues Büchlein von Ihnen mit dem Titel „Wege der Zuversicht“. Lässt sich der auch auf Ihre Aufgabe als Administrator münzen?
Benno Elbs Durchaus, denn Zuversicht ist meine Grundhaltung.
Die Erzdiözese Wien braucht ebenfalls bald einen neuen Erzbischof. Da brodelt jetzt schon die Gerüchteküche um Ihre Person…
Benno Elbs Die Gerüchte sind für die, die sie betreffen, nicht angenehm. Ich leiste mir jedoch die Freiheit, mich nicht damit zu beschäftigen. Da bin ich konsequent. Es gibt den Spruch ‚wer auf Gerüchte hört, muss mit Gerüchten leben‘. Ich höre nicht darauf. Alle Aufgaben, die ich bis jetzt im Leben bekam, habe ich mir nicht selbst ausgesucht, den Priesterberuf ausgenommen. Es gibt aus meiner Sicht zwar eine äußere Karriere, aber ebenso eine Karriere nach innen, und die ist mir wichtiger. In meinem Alter sollte man sich eher um die Karriere nach innen bemühen, innerlich wachsen. Das probiere ich, das andere schiebe ich weg.