Gebhard Sinz – vom Wehrmachtssoldaten zum Dorfältesten von Höchst

22.01.2025 • 09:28 Uhr
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Jubilar Gebhard Sinz im Kreise seiner Lieben.

Gebhard Sinz ist hundert Jahre alt und noch voller Vitalität.

Höchst Gebhard Sinz feierte vor einigen Tagen seinen 100. Geburtstag. Wer so alt geworden ist, hat viel erlebt. Der Krieg sei definitiv die schlimmste Zeit seines Lebens gewesen, sagt der Dorfälteste von Höchst. Der Krieg führte den blutjungen Wehrmachtssoldaten unter anderem nach Frankreich und Russland. „Am 6. Oktober 1944 verletzte mich in den Karpaten eine Granate. Mehrere Splitter bohrten sich in meinen rechten Arm.“ Dass er den Krieg überlebte, sieht er als Vorbestimmung an. „Einmal zerstörte eine Granate den Kirschbaum hinter mir. Wie durch ein Wunder blieb ich unverletzt.“

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Gebhard mit seinen Eltern und seiner Schwester.

Nach dem Krieg machte der Sohn eines Landwirtes eine Lehre zum Automechaniker. „Zwölf Jahre habe ich in Zürich in diesem Beruf gearbeitet.“ 1956 heiratete der Mechanikermeister Margrit, die jüngste Tochter des Engel-Wirtes in Lustenau. Margrits Familie betrieb neben dem Gasthaus auch ein Lebensmittelgeschäft in Lustenau. Dort arbeitete Gebhard zehn Jahre, bis zur Scheidung im Jahre 1976.

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Gebhard mit seiner Schwester Rosina am Tag der Erstkommunion.

Nun stand der Vater eines Sohnes wieder vor einem Neuanfang. „Ich begann als Lagerleiter in einem Süßwarengroßhandel zu arbeiten und zog zu meiner Mutter.“ Um diese kümmerte er sich bis zu ihrem Tod. 1989 lernte der geschiedene Mann auf einer Werbeveranstaltung eine Witwe aus Höchst kennen. Mit Wilma begann für ihn die schönste Zeit seines Lebens. „Wir sind viel gereist. Ein bis zweimal im Jahr verbrachten wir erholsame Tage im Kurort Héviz in Ungarn. Dort gibt es einen großen Thermalsee.“ Aber auch die Ehe mit Wilma währte nicht ewig. 25 gemeinsame Jahre waren den beiden beschieden. „Leider ist meine Frau Wilma nach einem Sturz auf der Kirchenstiege schwer krank geworden und am 14. Mai 2014 verstorben.“

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Gebhard musste als blutjunger Mann in den Krieg ziehen.

Mit fast 90 stand Gebhard abermals vor einem Neuanfang. Der rüstige Mann meisterte auch diese Wende in seinem Leben. 2016 lernte der Witwer im Nenzinger Himmel Irmi kennen. „Leider ist sie seit drei Jahren krank. Eine Pflegerin kümmert sich um sie.“ Gebhard besucht Irmi so gut wie jeden Tag. Denn: „Wir haben uns gern.“ Im Gegensatz zu seiner Liebsten ist Gebhard pumperlgsund. Allerdings wäre er mit 90 Jahren fast gestorben. Wegen einer Darminfektion musste er damals auf der Intensivstation behandelt werden. Sechs Jahre später hatte Gebhard einen Unfall mit dem E-Bike, bei dem er sich mehrere Rippen brach.

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Gebhard mit seiner großen Liebe Wilma. Dem Paar waren 25 gemeinsame Jahre beschieden.

„Man muss alles, was kommt, annehmen“, meint Gebhard, der auch mit 100 noch voller Energie ist. Obwohl der vitale Hochbetagte allein lebt, ist er nicht allein. Wilmas Kinder kümmern sich um ihn. „Zu Monika und Gerhard gehe ich seit zehn Jahren regelmäßig Mittagessen“, erzählt er voller Dankbarkeit. Gerührt hat ihn auch die zu seinen Ehren veranstaltete Hundertjahrfeier am vergangenen Freitag. 70 Gäste waren in den Franz Reiter Saal in Höchst gekommen. Zuvor fuhr der Jubilar mit einer Pferdekutsche durch den Ort. „Vor fünf Jahren, an meinem 95. Geburtstag, versprach mir der damalige Bürgermeister Herbert Sparr, dass er mich an meinem 100. Geburtstag mit einer Kutsche abholen kommt. Am vergangenen Freitag löste er sein Versprechen ein.“   

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An seinem 100. Geburtstag fuhr der Jubilar mit einer Pferdekutsche durch Höchst.