Luftabwehr in Österreich: “Wir sind hier nackt”

Die Luftabwehr in Österreich ist ausbaufähig. Ob die künftigen Anschaffungen im Rahmen des “European Sky Shield” passieren, ist unklar.
Schwarzach Die Luftabwehr ist ein Knackpunkt der blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen. Die FPÖ möchte aus „Sky Shield“ raus, die ÖVP würde lieber dabeibleiben. Fest steht: Der Schutz der österreichischen Bevölkerung gegen mögliche Luftangriffe ist zu gering, wie der Vorarlberger Militärkommandant Gunther Hessel und Airchief Gerfried Promberger in einer gemeinsamen Stellungnahme den VN erklären. „Derzeit ist das österreichische Bundesheer in der Lage, nur ein Schutzobjekt im Umkreis von fünf Kilometern zu schützen.“ Das wären etwa der Flughafen Schwechat oder Zeltweg. Georg Mader von der Zeitschrift „Militär Aktuell“ betont im VN-Gespräch, dass der Ausbau der Luftabwehr essenziell sein wird. Im Schock des Überfalls von Russland auf die Ukraine habe man auch in Österreich gemerkt: „Wir sind hier nackt.“
Gemeinsame Beschaffung
Die deutsche Initiative „European Sky Shield“ könnte helfen. Dabei geht es um den „günstigen gemeinsamen Einkauf, das gemeinsame Warten und die Ersatzteilbeschaffung sowie die gemeinsame Ausbildung von Waffensystemen“, erklären Hessel und Promberger. „Die bodengebundene Luftverteidigung ist essenziell für die militärische Landesverteidigung, die Aufrechterhaltung der Souveränität, die Wahrung der Lufthoheit der Republik Österreich und für den Schutz der österreichischen Bevölkerung sowie kritischer Infrastruktur vor Bedrohungen aus der Luft.“ Diese Bedrohung könne etwa von Drohnen oder Marschflugkörpern ausgehen.

Mit Österreich sind 21 europäische Länder an der von Deutschland ins Leben gerufenen „Sky Shield“-Initiative an Bord. Ob die Anschaffung der weiteren Luftabwehr unter diesem Titel laufen soll, ist nach Angaben des Bundesheers nicht entschieden. “Sky Shield” sei nur eine Überschrift. Ziel müsse sein, dass ein europäischer Schutzschirm entsteht, wobei jeder Nationalstaat für seinen Schirm selbst zuständig sein soll. Das heißt: Österreich wird mit oder ohne „Sky Shield“ bei der Luftabwehr eigenständig agieren müssen und darf im Sinne der Neutralität nicht auf andere Staaten oder Bündnisse angewiesen sein. Fest steht aber auch, dass eine gemeinsame Anschaffung kostengünstiger und nach Ansicht von Rechtsexperten auch mit der Neutralität vereinbar wäre.
Nur Kürzeststrecken
Derzeit besitzt Österreich eine bodengebundene Luftabwehr kürzester Reichweite. Für die Kurzstrecke (bis 15 Kilometer weit und sechs Kilometer hoch) ist der “Skyranger” bestellt. Er wird mobil auf einem Pandurpanzer geparkt und ist beweglich. Was fehlt, ist die mittlere Reichweite (bis zu 50 Kilometer weit und maximal 25 Kilometer hoch). In diesem Bereich ist die Anschaffung im Rahmen von “Sky Shield” geplant, sollten die Koalitionsverhandlungen nichts anderes ergeben. Das Budget ist reserviert, damit wäre ein großer Teil der kritischen Infrastruktur in Österreich geschützt – anders als bisher.
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“Keine wirksame Abwehr”
Es sei an der Zeit, dass Österreich eine Luftabwehr bekomme, die dem Standard eines „Ersten Welt Landes“ entspreche. „Die Frage ist nur: Muss es Sky Shield sein?“, sagt Experte Georg Mader. Was die Kosten betreffe, spreche vieles dafür. Auch die Neutralität betreffend, macht er sich keine Sorgen. „Wir können gemeinsam mit anderen Ländern einkaufen – so wie beim Kauf der Lufttransportflugzeuge mit den Niederlanden – oder alleine an die Hersteller herantreten“, halten auch Hessel und Promberger fest. Aber: „Der Kaufpreis wird ein merklich anderer sein.“ Der einstige Generalstabschef Robert Brieger, nunmehriger Vorsitzende des Militärausschusses der EU, plädierte kürzlich im „Profil“ dafür, bei „Sky Shield“ zu bleiben. Davon abzugehen hätte zur Folge, dass „wir in den bedauernswerten Zustand zurückfallen würden, über keine wirksame Luftabwehr zu verfügen. Ich glaube nicht, dass das wünschenswert ist.“