Finnische Wundermühle

07.03.2025 • 16:02 Uhr
Opernstudio: Meisterklasse
In der Meisterklasse mit Lilli Paasikivi und Jaakko Kortekangas arbeiten Nachwuchssänger an La Cenerentola. Bregenzer Festspiele / Anja Koehle

Meisterklasse der Bregenzer Festspiele mit Lilli Paasikivi und Jaakko Kortekangas.

Bregenz Im „Kalevala“, dem finnischen Nationalepos, ist der Sampo eine Art Wundermühle, die ihrem Besitzer zu Wohlstand verhilft. Einen solchen Sampo scheint die neue Intendantin Lilli Paasikivi aus ihrer Heimat mitgebracht zu haben. Bisher konnte man in der Meisterklasse der Bregenzer Festspiele die jungen Sängerinnen und Sänger bei der Arbeit an ihren Rollen für die Produktion des Opernstudios im Sommer erleben, in diesem Jahr Rossinis „La Cenerentola“. Paasikivi geht einen anderen Weg: Am Donnerstagabend stellte sich eine Riege von sechs künftigen Gesangsstars mit bekannten Opernarien vor, die Paasikivi, selbst ein Mezzo mit großer Bühnenerfahrung, und ihr finnischer Baritonkollege Jaakko Kortekangas, künstlerischer Betriebsdirektor der Festspiele, mit ihnen einstudiert hatten.

Opernstudio: Meisterklasse
Die Opernstudio-Produktion wird am 12., 13., 15. und 16. August im Theater am Kornmarkt zur Aufführung kommen.
Bregenzer Festspiele / Anja Koehle

Mit von der Partie waren der ebenfalls finnische Dirigent Kaapo Ijas, der u. a. in der legendären Dirigentenschmiede von Jorma Panula gelernt hat und im August die drei Vorstellungen leiten wird, und die Pianistin Hana Lee als stilsichere Begleiterin.

Opernstudio: Meisterklasse
Jaakko Kortekangas. Bregenzer Festspiele / Anja Koehle

In ihrer erfrischend formlosen Begrüßung betonte Paasikivi, dass man an diesem Abend nur Beiträge hören würden, die sich zwischen „very good“ und „excellent“ bewegten. Und in der Tat war das gebotene Niveau sehr hoch. Den Anfang machte ein Sextett aus dem 1. Akt von „Cenerentola“, in dem alle Beteiligten bravourös einen zungenbrecherischen Schnellsingparcours absolvierten. Dann stellte sich die chinesische Mezzosopranistin Jingjing Xu (Angelina in „Cenerentola“) expressiv und koloratursicher mit der Arie des Sesto „Parto, parto“ aus Mozarts „La Clemenza di Tito“ vor, von Paasikivi mit dem Satz kommentiert: „Just the heaven ist the limit for you“.

Opernstudio: Meisterklasse

Der englische Tenor Aaron Godfrey-Mayes (Don Ramiro) sang „Una furtiva lagrima“ aus Donizettis „Liebestrank“ fast schon mit einer Träne im Knopfloch, Kortekangas drängte ihn, sich die emotionale Situation, in der diese Arie gesungen wird, genau vorzustellen. Besonders schlagend war die Wandlung des kroatischen Basses Lobel Barun (Alidoro), der die Verleumdungsarie des Basilio aus Rossinis „Barbiere“ zuerst zwar stimmgewaltig, aber etwas undifferenziert vortrug, durch Paasikivis Hinweise aber den Feinschliff des Heimtückischen verpasst bekam. Die Jüngste in der Runde, die erst 21-jährige österreichische Mezzosopranistin Anja Mittermüller (Clorinda) überzeugte mit Cherubinos Arie „Voi che sapete“ aus Mozarts „Figaro“. Bei ihrem hochmusikalischen Vortrag wies Kortekangas eigentlich nur auf die Stellen hin, die sie besonders fein gestaltete.

Opernstudio: Meisterklasse

Die Sopranistin Altana Sanz (Tisbe) aus Spanien wechselte dann ins große Opernfach, mit der Arie der Gilda „Caro nome“ aus Verdis „Rigoletto“. Verbesserungsmöglichkeiten sah Paasikivi bei ihrem fesselnden Vortrag nur darin, dass sie auch in der Höhe die Verbindung mit der Tiefe ihrer Stimme kultivieren sollte.

Opernstudio: Meisterklasse

Als letzter in diesem Wunschkonzert sang der koreanische Bariton Josef Jeongmeen Ahn (Dandini) die Arie des jungen Liebhabers Silvio aus Leoncavallos „Pagliacci“. „What a voice!“, kommentierte Kortekangas und brachte den Sänger dadurch zu überzeugendem emotionalem Ausdruck, dass er Altana Sanz einfach stumm in der Rolle der von ihm angebeteten Nedda vor ihn auf einen Stuhl setzte. Das gesamte Ensemble verabschiedete sich mit einem weiteren Sextett aus „La Cenerentola“, begeistert beklatscht vom zahlreich erschienenen Publikum.   

Ulrike Längle