“Meine Kinder und ich rocken die Achterbahn des Lebens”

Sandra Hermes träumte von einer Bilderbuchfamilie. Aber ihr Traum scheiterte an der Wirklichkeit.
Dornbirn Sandra Hermes (44) hatte einen Traum, den viele Mädchen und Frauen haben. „Ich wollte einen Mann, mehrere Kinder – am liebsten sechs – und ein Haus.“ Aber manche Träume werden nicht zur Realität – sie bleiben Träume. Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen.
Die Alberschwenderin lernte im Jahr 2012 beim Tennis einen Mann kennen, der zu ihrer großen Liebe wurde. Dem Paar war bald klar, dass es Nachwuchs wollte. Im Februar 2015 wurde die Absolventin der Bezauer Hotelfachschule schwanger. „Wir freuten uns sehr auf unser erstes Kind“, erzählt Sandra. Aber die Freude verwandelte sich jäh in Trauer und Entsetzen. Denn Sandra verlor das Baby in der fünfzehnten Woche. „Da bin ich tief gefallen.“ Im Oktober desselben Jahres erwartete sie erneut ein Kind. Und wieder endete die Schwangerschaft frühzeitig. „Nach der zweiten Fehlgeburt ging es mir sehr schlecht.“

Sandra, die sich bei dem renommierten Unternehmen „Gebrüder Weiss“ zur Projektmanagerin hochgearbeitet hatte, kündigte ihren Job und begleitete ihren Freund nach Taiwan. „Wir sind dann zuerst drei Monate lang durch Indonesien gereist.“ Das Land und die Menschen beeindruckten die junge Frau. „So ein menschenfreundliches Land habe ich noch nie erlebt. Das Lächeln der Menschen heilte mich.“
Doch im Juni 2016 musste sie erneut einen Verlust verkraften. Aber dann kam Paula. „Ich hatte große Angst, auch dieses Kind zu verlieren.“ Nach Paula erlitt sie abermals eine Fehlgeburt. Aber dann, im Jahr 2018, setzte sich Lorenz durch. „Dann schien alles gut.“ Die vierköpfige Familie wohnte inzwischen auch in einem schicken Eigenheim in Dornbirn.

Aber in der Familienidylle zeigten sich bald Risse. „Mein Freund und ich stritten oft.“ Die ständigen Konflikte führten dazu, dass die zweifache Mutter sich 2022 zu einer radikalen Entscheidung durchrang. „Es war die schwerste, die ich je traf, aber es war die richtige. Unglückliche Beziehungen machen Kinder kaputt. Deshalb trennte ich mich vom Vater meiner Kinder und zog mit Paula und Lorenz vorübergehend zu meiner Mutter.“ Diese hielt Sandra den Rücken frei. „Dank ihr konnte ich in aller Ruhe mein Unternehmen aufbauen.“
Bereits nach dem ersten Kind hatte sich Sandra als Marketingfachfrau selbstständig gemacht. „Ich hatte zwei Kunden, für die ich tätig war.“ Nach der Trennung nahm sie mehrere Kunden an. Heute arbeitet Sandra, die Websites programmiert und gestaltet und bis in den Sommer hinein ausgebucht ist, 30 Stunden in der Woche. Die restliche Zeit gehört ihren zwei Kindern.

Hin und wieder gibt es Tage, an denen sich die Wahldornbirnerin überfordert fühlt und Existenzängste hat. „Dann muss ich weinen.“ Aber dagegen hat die Alleinerzieherin ein Rezept. „Ich gehe dann mit meinen Freundinnen tanzen und lasse es krachen. Am nächsten Tag ist alles wieder gut.“
Sandra ist stolz auf sich. „Meine Kinder und ich rocken die Achterbahn des Lebens.“ Sie sei nicht stark geboren worden, sagt sie. „Mich hat das Leben stark gemacht.“ Ihr ist es wichtig, ihren Kindern vorzuleben, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt. „Es gibt im Leben immer eine Option“, sagt sie und strahlt jetzt absolute Bestimmtheit aus. Aber dann werden ihre Gesichtszüge mit einem Mal weich und sanft. „Da gibt es jemand am Horizont. Das sieht nach Zukunft aus, nach einer Liebe, die vielleicht bleibt“, sagt sie und verrät lächelnd, dass sie im November beim Tanzen einen sympathischen Mann kennengelernt hat.