Täglich dran am Leben und Sterben

01.04.2025 • 11:24 Uhr
Folder Berufspastoral, Gerhard Haefele, Krankenhausseelsorger, LKH Hohenems
Gerhard Häfele ist Krankenhausseelsorger im Landeskrankenhaus Hohenems. Privat

Gerhard Häfele leitet die Kranken- und Heimseelsorge der Diözese Feldkirch.

Hohenems Ein Schlüsselerlebnis während seines Studiums brachte Gerhard Häfele (62) vor rund 28 Jahren zur Krankenhausseelsorge. Er und ein angehender Arzt hielten sich in einem Krankenhaus in Kalkutta auf. Dort wurden sie eines Tages gebeten, einen Sterbenden zu begleiten. „Der Mann hatte allerdings nur einen Schulterbruch“, erinnert sich Häfele. Sein Begleiter, ein Chirurg, erbot sich, den Patienten zu operieren, doch es fehlte an buchstäblich allem, um einen für unsere Verhältnisse einfachen Eingriff durchführen zu können. Die Konfrontation mit der eigenen Hilflosigkeit war eine Zäsur im Leben des Vorarlbergers. Er trotzte ihr. „Was ist wichtig im Leben?“, mit dieser Frage kehrte er in die Heimat zurück, absolvierte hier eine Ausbildung zum klinischen Seelsorger und den Master in Palliativ Care. Neben seiner Arbeit auf der Palliativstation im LKH Hohenems engagiert er sich in der Krankenhaus- und Heimseelsorge der Diözese Feldkirch. Vergangenes Jahr verbrachten die 93 haupt- und ehrenamtlich tätigen Mitarbeitenden über 22.300 Stunden am Bett von kranken und sterbenden Menschen.

Gerhard Häfele
Auch bei der Baumpflanzaktion vor der Palliativstation half Gerhard Häfele gerne mit.

Platz für schöne Momente

Der Umgang mit Krankheit, Leid, Tod und Trauer ist Gerhard Häfele ein Herzensanliegen: im Krankenhaus, in den Altenwohnheimen und in Pflegesituationen zu Hause. Das bedeutet für den Hohenemser und sein Team, täglich dicht dran sein am Leben und Sterben. Die Gemeinschaft umfasst Priester, Seelsorger und Diakone sowie ehrenamtliche Laien. Letztere sind vor allem in der Heimseelsorge, etwa mit Besuchsdiensten aktiv. Laut Häfele hat sich die Krankenhausseelsorge gründlich gewandelt. „Wir kümmern uns um alle“, betont er, dass Herkunft bzw. Konfession keine Rolle mehr spielen. Priester sind auch nicht erst beim letzten Atemzug da. „Der persönliche Kontakt findet häufig schon lange vorher statt“, erklärt Gerhard Häfele und ergänzt: „Da-Sein und unterstützen, wo Unterstützung angefragt ist, so verstehen sich die Krankenhausseelsorger.“ Sie gehen von Zimmer zu Zimmer, stellen sich vor. Nicht selten ergibt sich gleich ein Gespräch, oft werden sie später gerufen. „Krankenhausseelsorge ist ein Angebot, unaufdringlich, aber wichtig“, fügt er an. Dabei haben auch schöne Momente einen Platz. „Man gratuliert zum Geburtstag und freut sich mit dem Patienten, wenn er das Spital wieder verlassen kann“, berichtet Gerhard Häfele.

Gerhard Häfele
Gerhard Häfele bei der Weihe eines Rotkreuz-Einsatzfahrzeugs.

Perlen entdecken

Zuweilen sind Krankenhausseelsorger auch Ankerpunkt in Extremfällen des Lebens. „Trotz Krankheit, Trauer und Leid gibt es in jeder Geschichte noch Schätze und Perlen zu entdecken“, hat Häfele während seiner inzwischen langjährigen Tätigkeit immer wieder festgestellt. Dafür müsse man jedoch bereit sein, tiefer, mitunter sogar in die Abgründe seiner eigenen Geschichte einzutauchen: „Dann kann es möglich werden, selbst in dem, was vielleicht nicht so gut gelaufen ist, eine Perle zu finden“. Das wiederum könne helfen, dem Leben neu zu vertrauen. Seine persönlichen Perlen findet er beim Wandern und im Garten. Gerhard Häfele nennt sie die lebendigen Elemente des Lebens. Er sucht ganz bewusst den Ausgleich zu seinen Berufungen. „Der ist mir wichtig.“ Gleiches gilt für das Team. Dort spielt der gegenseitige Austausch eine zentrale Rolle. „Niemand soll mit so schweren Dingen, wie sie Tod und Krankheit darstellen, allein gelassen werden“, hat Gerhard Häfele immer auch ein sorgendes Auge auf seine Mitarbeitenden.

Gerhard Häfele
Gerhard Häfele im Gespräch mit einer Patientin und deren Angehörigen.

Zur Person

Gerhard Häfele

Alter 62

Ausbildung Studium der Philosophie und Theologie, klinische Seelsorgeausbildung, Master in Palliative Care

Wohnort Hohenems

Familienstand verheiratet, eine Tochter (18)

Gerhard Häfele
Bei der Anlage eines Labyrinths beim LKH Hohenems schaute Gerhard Häfele genau hin.
Gerhard Häfele
Gerhard Häfele macht seine Arbeit mit Leib und Seele.