Hoher Deutschförderbedarf bei Kleinkindern: Viele verschlechtern sich
![ABD0012_20240218 – DORTMUND – DEUTSCHLAND: 13.02.2024, Nordrhein-Westfalen, Dortmund: Erzieherin Petra Hahn betrachtet in der stdtischen ÇFABIDO-Kita Berliner Stra§eÈ mit einem Kind Bildkarten. Einer Studie des Leibniz-Instituts fr Bildungsverlufe zufolge profitieren Kinder aus bildungsfernen Familien in kognitiver Hinsicht – Sprache und erstes mathematisches Verstndnis – stark, Kinder aus eher privilegierten Familien hingegen nicht. (zu dpa ÇKita […]](/2024/05/ABD0012-20240218-1-768x512.jpg)
Ein Viertel der Drei- bis Fünfjährigen benötigt eine Sprachförderung. Ihre Effektivität steht zur Debatte.
Birgit Entner-Gerhold, Michael Prock
Schwarzach In der Sprachförderung gibt es Nachholbedarf. In den Schulen stockt Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) die Planstellen für die Deutschförderung auf. Auch im Kindergarten könnte die Lage besser sein, betont die Vorarlberger Neos-Chefin Claudia Gamon. „Zu viele Kinder machen kaum Fortschritte, einige verschlechtern sich sogar.“ Die Ergebnisse der Sprachförderung untermauern das.
Insgesamt leben in Vorarlberg 12.509 Drei- bis Fünfjährige. Davon sprechen knapp 69,7 Prozent Deutsch als Erstsprache, gefolgt von Türkisch (11,7 Prozent), Arabisch (2,6), Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (2,5) und Rumänisch (1,4). Ein Viertel aller Kinder – nämlich 3161 – hat Förderbedarf.
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In Bregenz ist die Quote besonders hoch. In der Landeshauptstadt ergibt die Sprachstandserhebung bei 42 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen, dass Nachholbedarf besteht. „Das bedeutet eine große Herausforderung und bedarf eines gewissen Umdenkens im täglichen pädagogischen Alltag“, heißt es seitens der Stadt. In allen Einrichtungen seien Sprachförderfachkräfte tätig, ebenso werde alltagsintegrierte Sprachförderung gelebt. Für Elterngespräche würden „Brückenbauer“ vom Verein okay.zusammenleben angefragt, um eine professionelle Übersetzung zu gewährleisten. „Der Hochschullehrgang ‚Frühe sprachliche Förderung‘ steht mittlerweile auch Assistenzkräften zur Verfügung und wird von den Mitarbeitenden der Elementarpädagogik in Bregenz sehr gerne besucht.“

All das unterstreicht auch Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink. Im heurigen Betreuungsjahr gibt es rund 50 Vollzeitstellen für die Sprachförderung der Drei- bis Fünfjährigen. „Neben der individuellen sowie alltagsintegrierten Sprachförderung wird in den Kindergärten sehr viel Wert auf die Einbindung der Eltern und Zusammenarbeit mit ihnen gelegt.“ Hat ein vierjähriges Kind Sprachförderbedarf, ist es verpflichtet, ein zweites Kindergartenjahr zu absolvieren.
Bei den Dreijährigen mit Deutsch als Muttersprachen benötigen 11,8 Prozent eine Förderung, bei den Vierjährigen sind es 7,6 und bei den Fünfjährigen 6,7 Prozent. Deutlich höher ist der Förderbedarf bei den Kindern mit Deutsch als Zweitsprache. Dieser liegt bei den Dreijährigen bei 66,5 Prozent, bei den Vierjährigen sind es 68,4 und bei den Fünfjährigen 59,3 Prozent, wie die jüngste Sprachstandserhebung zeigt.
Die großen Fortschritte bleiben trotz Sprachförderung aber aus, kritisiert Neos-Chefin Gamon. Bei Kindern mit deutscher Muttersprache hat sich der Status bei 19 Prozent auf „kein Förderbedarf“ verbessert. Bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache waren es gerade einmal neun Prozent. „Die Zahl jener Kinder, die stagnieren oder Rückschritte machen, übersteigt die der Kinder mit Fortschritten deutlich“, sagt Gamon. Demnach hat sich das Niveau bei 28,5 Prozent der Kinder mit Deutsch als Muttersprache verschlechtert, 23 Prozent sind stagniert. Keine Veränderung gab es bei 55,8 Prozent der Kinder mit Deutsch als Zweitsprache. Bei 13,3 Prozent trat eine Verschlechterung ein.

„Diese Zahlen sind inakzeptabel. Sie zeigen, dass das aktuelle Fördersystem nicht zielführend ist“, ist die Vorarlberger Neos-Chefin überzeugt. „Isolierte Förderstunden durch Sprachförderkräfte reichen nicht aus.“ Es brauche dringend neue Ansätze, kleinere Kindergartengruppen und einen verbesserten Personalschlüssel. Dies wäre zwar kostenintensiver, aber effektiver. Laut Neos wäre es auch das Gebot der Stunde, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für alle Kinder einzuführen. „So wird sichergestellt, dass jedes Kind frühzeitig und intensiv gefördert wird, unabhängig vom individuellen Förderbedarf.“
Die Betreuungsquote der Null- bis Zweijährigen liegt laut Kindertagesheimstatistik 2023/24 bei 36,23 Prozent. Bei den Drei- bis Fünfjährigen gibt es mit 96 Prozent fast eine Vollversorgung im Land.