Autor Ngugi wa Thiong’o 87-jährig gestorben

30.05.2025 • 14:16 Uhr
Autor Ngugi wa Thiong'o 87-jährig gestorben
Der ewige Liternobelpreisanwärter Ngugi wa Thiong’o war für viele der „Nobelpreisträger der Herzen“. apa/hans klaus techt

Nairobi Ngugi wa Thiong’o, einer der bedeutendsten Schriftsteller Afrikas, ist im Alter von 87 Jahren im US-Bundesstaat Georgia gestorben. Der gebürtige Kenianer aus der Volksgruppe der Kikuyu war eine furchtlose literarische Stimme, die sich zeitlebens mit kolonialer Unterdrückung, politischer Willkür und der Ausbeutung Afrikas auseinandersetzte. Sein Engagement brachte ihn wiederholt mit den Mächtigen in Konflikt: 1977 wurde er nach der Aufführung eines regimekritischen Theaterstücks verhaftet und verfasste seinen nächsten Roman im Gefängnis auf Toilettenpapier.

Ngugi war ein Pionier des afrikanischen Erzählens, der früh bewusst auf die koloniale Sprache verzichtete und seine Werke in seiner Muttersprache Kikuyu verfasste. Zu seinen bekanntesten Veröffentlichungen zählen der Roman „Herr der Krähen„, der Essayband „Dekolonisierung des Denkens“ und seine Autobiografie „Träume in Zeiten des Krieges“. Er sah Sprache als politische Waffe, als Mittel der Selbstermächtigung und als Bollwerk gegen kulturelle Auslöschung.

Seine Kritik galt nicht nur den britischen Kolonialherren, sondern auch dem kenianischen Staat unter Präsident Daniel arap Moi, der ihn inhaftieren ließ und akademisch kaltstellte. 1982 ging Ngugi ins Exil und lebte zunächst in London und später in den USA. Ein Attentatsversuch in Simbabwe im Jahr 1986 unterstrich die Gefahren, denen er ausgesetzt war.

Früh erlebte Ngugi Gewalt und Verlust: Im antikolonialen Mau-Mau-Krieg verlor er Geschwister und seine Familie wurde enteignet. Diese Erfahrungen prägten auch seinen ersten international gefeierten Roman „Weep Not, Child“ (1964). 1976 legte er seinen kolonial geprägten Namen James Ngugi ab und bekannte sich mit Nachdruck zur afrikanischen Identität.

Er setzte sich leidenschaftlich für den Erhalt afrikanischer Muttersprachen ein und widersprach der Vorstellung, durch afrikanisierte Kolonialsprachen könne kulturelle Eigenständigkeit ausgedrückt werden. Für ihn war Sprache ein „Kriegsgebiet“ – ein Ort, an dem Geschichte, Macht und Identität ausgehandelt werden.

Obwohl er immer wieder als Kandidat für den Literaturnobelpreis galt, blieb ihm diese Auszeichnung verwehrt. Doch für viele ist er längst ein „Nobelpreisträger der Herzen“ – ein Autor, der Generationen inspiriert und das afrikanische Erzählen revolutioniert hat.