Schleimige Plattwürmer, Riesenzecken mit Augen, stinkende Wanzen: In Vorarlberg machen sich immer mehr eingeschleppte Tierarten breit

23.07.2025 • 14:26 Uhr
Schleimige Plattwürmer, Riesenzecken mit Augen, stinkende Wanzen: In Vorarlberg machen sich immer mehr eingeschleppte Tierarten breit
Die exotischen Tierarten gelangen meist unbeabsichtigt und unbemerkt ins Land.

Die Klimaveränderung erleichtert die Ansiedlung. Die Neuzugänge können auch erhebliche Probleme verursachen.

Dornbirn Experten sind sich sicher: Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der Japankäfer auch in Vorarlberg auftaucht. In einer Falle bei Lindau am Bodensee wurden vor wenigen Tagen erneut fünf Tiere entdeckt. Der ursprünglich aus Asien stammende Käfer vermehrt sich massenhaft und fällt über mehr als 400 Pflanzenarten her – darunter Obstbäume, Weinreben, Wälder, Gemüsekulturen, Zierpflanzen und Rasenflächen.

Vorarlbergerin des Tages: Elisbeth Ritter Elisabeth Ritter ist die neue Chefin der inatura-Fachberatung
Elisbeth Ritter ist die Leiterin der inatura-Fachberatung. VN/Paulitsch

Dass exotische Tierarten nach Vorarlberg gelangen, ist nicht neu. Durch die Klimaveränderung können sie sich allerdings einfacher verbreiten. Die Einschleppung geschieht meist unbeabsichtigt und unbemerkt. Die Insekten kommen entweder in Pflanztöpfen, an Autoreifen, im Gepäck oder durch Vögel ins Land. Einige der Neozoen können erhebliche Probleme verursachen. Es gibt aber auch erfreuliche Neuzugänge.

Schleimige Plattwürmer, Riesenzecken mit Augen, stinkende Wanzen: In Vorarlberg machen sich immer mehr eingeschleppte Tierarten breit
Die Japanische Landplanarie ist im Vorjahr erstmals in Lochau aufgetaucht. Wikipedia/PeerJ 4672

Plattwürmer aus Asien

Die Japanische Landplanarie wurde im August 2024 erstmals in Vorarlberg und damit auch erstmals in Österreich nachgewiesen. Eine Familie in Lochau entdeckte laut inatura gleich mehrere Exemplare in einem Kinderschwimmbecken im Garten. Die ockerfarbenen Würmer haben fünf dunkelbraune Längsstreifen auf dem Rücken und können bis zu 21 Zentimeter lang werden. Die Fortpflanzung fällt ihnen übrigens nicht schwer: Landplanarien sind Zwitter und brauchen lediglich ein zweites Exemplar ihrer Art, das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. Und auch ohne Partner können sie sich vermehren. Ihr Körper kann sich in zwei Hälften teilen, der vorderen wächst ein neuer Schwanz, der hinteren ein neuer Kopf. Die Landplanarien ernähren sich von Regenwürmern, Schnecken und Gliederfüßern. Ob sie eine Bedrohung für die hiesigen Arten darstellen, sei noch nicht erforscht, sagt Elisabeth Ritter, die Leiterin der inatura-Fachberatung. Vorsicht ist allerdings geboten. Die Plattwürmer sondern zur Verteidigung einen Schleim ab, der Augen oder Mund reizen kann. Die Expertin empfiehlt daher, die Tiere nur mit Handschuhen anzufassen bzw. bei einem Kontakt sofort die Hände zu waschen.

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Riesenzecken aus den Subtropen

Die Mitarbeiter der inatura-Fachberatung staunten nicht schlecht, als sie Anfang 2023 beim Blick durch das Mikroskop auf der Oberseite einer Zecke Augen entdeckten. Denn die heimischen Vertreter wie der Holzbock, die Schaf- oder die Auwaldzecke besitzen keine Augen, sie orientieren sich stattdessen am Geruch, an der Temperatur und am ausgeatmeten Kohlendioxid. Bei dem Tier unter dem Mikroskop handelte es sich um eine sogenannte Hyalomma-Zecke. Die Riesenzecke aus den Subtropen wurde ausgerechnet in den Pausenräumen der inatura gefunden. Die fünf bis sechs Millimeter großen Blutsauger können dank der Augen ihre potenziellen Opfer auf bis zu neun Meter Distanz erkennen und aktiv über hunderte Meter verfolgen. Hilfreich dazu sind auch ihre langen Beine. Die Riesenzecken gelangen auf Zugvögeln, an denen sie sich bis zu vier Wochen festheften können, in einem jungen Stadium nach Mittel- und Nordeuropa. Der Fundzeitpunkt deutet darauf hin, dass die Entwicklung von der Nymphe zur Zecke aufgrund der Klimaveränderung nun in Vorarlberg möglich geworden ist, erläutert Elisabeth Ritter. Die Blutsauger können Krankheiten wie das Krim-Kongo-Fieber und das Alkhurma-Fieber sowie schädliche Bakterien und Einzeller übertragen.

ABD0019_20250723 – BREGENZ – …STERREICH: ++ HANDOUT ++ Dass Zugvšgel, Reisende und internationaler Handel exotische Tierarten nach Vorarlberg bringen, ist nicht neu. Die verŠnderten Klimabedingungen erleichtern ihnen aber die Ausbreitung. Mitunter handelt es sich um Arten, die nicht sehr willkommen sind. Im Bild: Riesenzecke Hyalomma marginatum. – FOTO: APA/KLAUS ZIMMERMANN – ++ WIR WEISEN AUSDR†CKLICH […]
Augen und lange Beine: Die Hyalomma-Zecke kann ihre potenziellen Opfer aktiv verfolgen. inatura

Ostafrikanische Stinkwanzen

Die grüne Reiswanze wurde durch Warenhandel aus Ostafrika in die ganze Welt verschleppt. In Vorarlberg wurde sie erstmals 2015 in Hard beobachtet, seither hat sie sich massiv ausgebreitet, vor allem seit 2022 häufen sich die Sichtungen in Hausgärten und rund um Grünmüllanlagen, berichtet die inatura. Die Stinkwanze, die im Herbst ihre Farbe von grün auf braun ändert, befällt Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst oder Zierpflanzen und verursacht dort Saugschäden.

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Die grüne Reiswanze befällt Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst, Ziergehölze und -pflanzen. inatura

Ausgesetzte Schmuckschildkröten

Schätzungen zufolge leben in Vorarlberg bereits Hunderte Schmuckschildkröten. Die von verantwortungslosen Haltern ausgesetzten Tiere können in entsprechend tiefen und vor kompletter Vereisung geschützten Gewässern den Winter überleben. Lange Zeit wurde eine Fortpflanzung in freier Wildbahn ausgeschlossen, inzwischen konnten aber auch schon Nester und Schlüpflinge beobachtet werden.

ABD0018_20250723 – BREGENZ – …STERREICH: ++ HANDOUT ++ Dass Zugvšgel, Reisende und internationaler Handel exotische Tierarten nach Vorarlberg bringen, ist nicht neu. Die verŠnderten Klimabedingungen erleichtern ihnen aber die Ausbreitung. Mitunter handelt es sich um Arten, die nicht sehr willkommen sind. Im Bild: Schmuckschildkršte. – FOTO: APA/GEORG FRIEBE – ++ WIR WEISEN AUSDR†CKLICH DARAUF HIN, […]
Eine Schmuckschildkröte, die von verantwortungslosen Haltern illegal ausgesetzt wurde. inatura

Invasive Stechmücken

Wer in Vorarlberg eine Stechmücke mit schwarz-weiß geringelten Beinen sieht, dann ist die Wahrscheinlichkeit laut inatura sehr hoch, dass es sich um eine Asiatische Tigermücke, eine Asiatische Buschmücke oder eine Koreanische Buschmücke handelt. Das Vorarlberger Naturkundemuseum erforscht die invasiven Arten und bittet die Bevölkerung bei der Suche um Mithilfe. Die Asiatische Tigermücke wurde in Vorarlberg noch nicht gefunden, am Oberrhein in Deutschland beispielsweise und in der Schweiz hat sie sich aber bereits etabliert. Die Asiatische Buschmücke wiederum wurde erstmals 2015 in Vorarlberg gefunden und ist bereits an verschiedenen Plätzen im Rheintal zu finden. In der Südostschweiz stellt sie in manchen Gebieten bereits die häufigste Mückenart dar. Die Koreanische Buschmücke ist bereits in Osttirol aufgetaucht, für Vorarlberg gibt es noch keine Belege. Stechmücken können eine Vielzahl von Viren, Bakterien und Parasiten auf Menschen und Tiere übertragen.

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Die Asiatische Buschmücke wurde erstmals 2015 in Vorarlberg gefunden.

Kantige Laubschnecke

Auch die Kantige Laubschnecke kommt hierzulande immer häufiger vor. Sie sieht mit ihrem gefleckten Häuschen zwar harmlos und herzig aus, ist aber ein gefräßiger Blumenfeind.

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Die Kantige Laubschnecke frisst sich gerne an Blumen satt. Wikipedia/Neckheim

Blaue Holzbiene

Es gibt auch erfreuliche Neuzugänge: Ein Beispiel dafür ist die Blaue Holzbiene. Sie ist eine “willkommene, hübsche, friedliche Neubürgerin mit Bestäubungsfunktion”, sagt Elisabeth Ritter. Die Wildbiene wurde erstmals 2017 in Vorarlberg gesichtet und kommt inzwischen immer häufiger vor. Die Holzbiene hat ihren Namen von ihrer Angewohnheit, kleine Höhlen in morsches Holz zu bohren, in denen sie ihre Brut aufzieht. Ihre Kauwerkzeuge sind so kräftig, dass sie dabei richtiges Sägemehl produziert. Wegen ihrer Größe von fast drei Zentimetern wird sie nicht selten für eine Hummel gehalten. Die Holzbiene brummt laut, ist aber sehr friedlich. Besonders auffällig sind ihr blauschwarzer Körper und die blauschimmernden Flügel. Sie liebt Blauregen, Salbei und diverse andere Beet- und Balkonpflanzen.

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Die Blaue Holzbiene ist ein erfreulicher Neuzugang. inatura