Wer andere im Netz bloßstellt, muss aufpassen

Nicht nur das Posten von fremden Nacktbildern ist strafbar.
Feldkirch „Fortdauernde Belästigung im Wege der Telekommunikation oder eines Computersystems“, wie § 107c Strafgesetzbuch korrekt heißt, ist besser unter dem Stichwort „Cybermobbing“ bekannt. Eingeführt wurde die Norm 2015; der Gesetzgeber reagierte auf die große Breitenwirkung, die Veröffentlichungen im Internet beinhalten. Der Bereich ist kaum kontrollierbar, und Betroffene sind massiv belastet. „Opfer ziehen sich oft zurück und sehen mitunter keinen anderen Ausweg als Selbstmord“, heißt es in einem der Gesetzeskommentare.
Nacktbilder im Fokus
Ein besonderes Problem, das die Justiz regelmäßig auch in Vorarlberg beschäftigt, sind Nacktbilder oder Fotos mit kompromittierendem Inhalt, die insbesondere von Jugendlichen leichtfertig verschickt werden. Drei Jahre nach Einführen des Tatbestandes gab es in etwa 300 Anzeigen; die Aufklärungsquote lag bei rund 75 Prozent. Mit Verurteilungen sieht es weit schlechter aus.
Schwierigkeiten bereiten die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen. So wurde ein Angeklagter am Landesgericht Feldkirch nur wegen des Versuchs verurteilt. Er hatte Fotos seiner Ex, auf denen sie nackt und identifizierbar ist, gegen ihren Willen auf eine Inseratenseite gestellt und einen obszönen Text dazu geschrieben. 16 Stunden waren die Bilder sichtbar, 2000 User klickten sie an, dennoch kam das Gericht zu dem Schluss, dass nur ein Versuch vorlag. In dem konkreten Fall hatte das Opfer allerdings bereits selbst im Vorfeld inseriert, dass es jemanden zum Kuscheln suche. Die Seite ist eine Plattform, wo ganz eindeutig „Liebe“ gegen Entgelt geboten wird.
Als Opfer ungeeignet
Das Gesetz verlangt für die Strafbarkeit, dass eine unzumutbare Beeinträchtigung der „Lebensführung“ vorliegt. Kleinstkinder oder Tote kommen deshalb als Opfer nicht in Betracht. Jedenfalls muss eine größere Zahl von Menschen über einen längeren Zeitraum die Veröffentlichung wahrnehmen können. Konkrete Zahlen sieht das Gesetz nicht vor, es gibt nur „Richtwerte“. Der „höchstpersönliche Lebensbereich“ soll geschützt werden. Dazu gehören Sexual- und Familienleben ebenso wie Krankheiten oder Behinderungen oder religiöse Ansichten. Die Publikation einer AIDS-Erkrankung wäre beispielsweise strafbar. Meist geht es um Videos oder Fotos.
Geschlechtsteile reichen
Für die Strafbarkeit reicht es, dass das Opfer identifzierbar ist. Das heißt, selbst wenn nur Geschlechtsteile, was meistens der Fall ist, im Netz präsentiert werden, wissen Insider aufgrund einer Tapete, einer Lampe oder einer Couch, um wen es sich handelt. Andere Merkmale wären beispielsweise Muttermale oder Tätowierungen – jeder zusätzliche Hinweis, der einen Bezug zur Person herstellt, kann ausreichen. Das Internet ist und bleibt also ein heißes Pflaster, auch für Täter.