Karner: “Auf Spionage liegt ein besonderer Fokus”

Innenminister über aktuelle Bedrohungen, Personalsuche bei der Polizei und Videoüberwachung.
Schwarzach Vor kurzem sind Polizeidienststellen in Vorarlberg zusammengelegt worden. Eine vernünftige Vorgangsweise, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) findet. Im VN-Interview nimmt er auch Stellung zum Spezifikum Gemeindesicherheitswachen und erläutert, warum es aus seiner Sicht mehr Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen braucht.
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Laut der Plattform “Jetzt” gibt es Vorwürfe russischer Spionage in einem oberösterreichischen Abwasserreinigungsunternehmen. Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst DSN ermittelt. Was können Sie dazu sagen? Sind noch weitere Firmen betroffen?
Karner Ich kann Ihnen noch keine Details nennen, da die Ermittlungen noch am Beginn stehen. Aus dem Verfassungsschutzbericht geht aber klar hervor, dass auf dem Bereich Spionage ein besonderer Fokus liegt, so wie auch neben der Bekämpfung des islamistischen Extremismus und des Rechtsextremismus. Es gibt immer wieder derartige Vorwürfe, denen die Verfassungsschutzbehörde und die Polizei penibel nachgehen.
In Vorarlberg gibt es seit kurzem zwei Dienststellen weniger, Sulz kam zu Rankweil, Gaschurn zu Schruns. Braucht es größere Einheiten?
Karner Ich halte das für eine vernünftige Vorgangsweise. Man hat regional darüber beraten, wie die Sicherheitsstruktur weiterentwickelt werden kann und es hat zwei Jahre lang einen Probebetrieb in diesen Orten gegeben. Wir werden uns von Wien aus sicher nicht einmischen.

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Vorarlberg hat elf Gemeindesicherheitswachen. Könnten Sie eine Konkurrenz zur Bundespolizei darstellen, wenn es um das Personal geht?
Karner Das ist in dieser Häufigkeit ein Spezifikum in Vorarlberg. Wichtig ist: Es muss eng zusammengearbeitet werden. Wenn sich eine Gemeinde dazu entscheidet, diesen Weg zu gehen, soll mir das recht sein.
Der Terroranschlag in Wien hat sich am 2. November zum fünften Mal gejährt. Dabei sind vier Menschen getötet worden, 20 wurden verletzt. Sind die richtigen Lehren gezogen worden?
Karner Damals ist das Unfassbare, das Unglaubliche passiert. Eine ganze Stadt, ein Land stand in Schock und Trauer. Aber es sind auch, und davon bin ich überzeugt, die notwendigen Schlüsse daraus gezogen worden. Der Staatsschutz und Nachrichtendienst wurde völlig neu aufgestellt. Mein Vorgänger als Innenminister, Karl Nehammer, hat die schnellen Reaktionskräfte eingeführt. Das sind Bereitschaftseinheiten und Interventionsgruppen, also Polizistinnen und Polizisten, die unsere Streifenkräfte in gefährlichen Lagen unterstützen. Dass das sinnvoll ist, hat auch der Amoklauf in Graz gezeigt, bei dem diese Einheiten unterstützend tätig waren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gefährderüberwachung, die erst kürzlich im Parlament beschlossen wurde.

Der Täter war den Behörden bekannt. Nimmt man radikalisierte junge Menschen heute ernster?
Karner Man tut alles Menschenmögliche, um zu verhindern, was damals passiert ist. Ich habe die sogenannte Gefährderüberwachung erwähnt. Lange Jahre wurde darum gerungen, ja gestritten. Die Polizei, der Staatsschutz, sagen aber, dass es notwendig ist, da Terroristen eben keine Briefe schrieben, sondern per Messenger-Dienst kommunizieren.
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Es gab auch Kritik in der Koalition an der Messengerüberwachung.
Karner ÖVP, SPÖ und Neos haben sich ein Regierungsprogramm vorgenommen und das arbeiten wir Schritt für Schritt ab. Ein Teil davon war die Gefährderüberwachung, das ist nun beschlossen. Wenn da die eine oder der andere eine andere Meinung hat, ist das legitim.
Im Sommer gab es Aufregung um einen Erlass von ihnen, wonach die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen deutlich ausgeweitet werden kann. Wie schaut es aktuell aus, sie sprachen von einer dreistelligen Zahl?
Karner Allein die Wiener Linien haben 10.000 Kameras, die ÖBB an die 15.000. Warum soll dann nicht auch die Polizei ähnliche Möglichkeiten nutzen können, um bestimmte Orte sicherer zu machen? Aber auch das soll nicht vom Schreibtisch in Wien aus gesteuert werden, sondern die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister entscheiden gemeinsam mit den Landespolizeidirektionen.
Nachdem die Ankunftszentren für ukrainische Vertriebene in Vorarlberg und Wien schließen, gibt es ab nächstem Jahr gar keine mehr. Könnte es dadurch Probleme bei der Versorgung geben?
Karner Was die Hilfe für Kriegsvertriebene angeht, ist auf Bundes- und Landesebene schon viel geleistet worden. Rund 30.000 Personen befinden sich in der Grundversorgung. Das ist um fast die Hälfte weniger als zu Beginn des Krieges. In etwa dieselbe Zahl ist am Arbeitsmarkt integriert. Gerade bei der Integration ist einiges gelungen. Diesen Weg, dass Menschen aus der Grundversorgung in den Arbeitsmarkt kommen, werden wir fortsetzen. Wenn der Krieg zu Ende geht, worauf wir hoffen, dann werden auch viele wieder in ihre Heimat zurückkehren.
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Braucht es also keine Ankunftszentren für Ukrainer mehr?
Karner Die Bundesländer haben sich aus unterschiedlichen Gründen dazu entschieden, diese zu schließen. Das ist zu respektieren.
Die Europäische Menschenrechtskonvention hat gerade ihr 75. Jubiläum gefeiert. Können einzelne Politikerinnen und Politiker an der EMRK rütteln? Einer Ihrer Vorgänger, Herbert Kickl, sagte etwa vor ein paar Jahren, dass das Recht der Politik zu folgen habe und nicht umgekehrt.
Karner Österreich hat sich einer Initiative, ausgehend von Dänemark und Italien, angeschlossen, um die EMRK neu zu interpretieren. Damit jene, die sich illegal in Österreich aufhalten und straffällig geworden sind, auch in ihr Heimatland abgeschoben werden können. Diesen Weg wollen wir weitergehen.