Milliardenpotenzial ungenutzt: Gemeinden drängen auf Grundsteuer-Anpassung

22.12.2025 • 13:34 Uhr
Wer sich in Vorarlberg ein Einfamilienhaus kaufen will, muss über ein ordentliches Finanzpolster verfügen.  vn/Steurer
Eigentümer müssen Grundsteuer bezahlen, geben aber oft einen Teil an die Mieter weiter.  vn/Steurer

Kommunen fordern “klare Signale” bezüglich Finanzierung. Eine Anpassung der Grundsteuer stieß laut Finanzminister auf Widerstand der ÖVP-Landeshauptleute.

Schwarzach, Wien Fast so sehnsüchtig, wie die Kinder gerade auf das Christkind warten, blicken die Bürgermeister in Richtung Grundsteuer. Die Aufgaben nehmen zu, die Ertragsanteile sinken, die Finanzlage ist vielerorts trist. Eine Anpassung der Grundsteuer könnte wieder finanziellen Spielraum verschaffen. Zuletzt überraschte Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) im VN-Interview mit der Ansage, dass er den Bundesländern vorgeschlagen habe, dass sie selbst entscheiden können. Aber Marterbauer habe “ideologische Widerstände” kennengelernt.

Grundsteuer in Österreich
Die Grundsteuer wird in Österreich vom Bund festgelegt, eingehoben wird sie aber von den Gemeinden, denen sie auch zur Gänze zugute kommt. Bezahlen muss die Grundsteuer der jeweilige Eigentümer, er kann sie aber als Teil der Betriebskosten eines Hauses anteilig an Mieterinnen und Mieter weiterverrechnen. Es gibt zahlreiche Befreiungen von der Grundsteuer, etwa wenn der Grund für einen öffentlichen Dienst genutzt wird.

Reform längst überfällig

Mehr als die Hälfte der österreichischen Kommunen kommen mit ihrem Budget aktuell nicht mehr aus. Zuletzt haben die Gemeinden deshalb immer lauter eine Erhöhung der Grundsteuer gefordert. Auch das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut hebt das Potenzial einer solchen Maßnahme hervor und liefert Zahlen: Eine Anhebung auf den EU-Schnitt brächte den Gemeinden demnach 2,3 Mrd. Euro zusätzlich.

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Momentum-Ökonom Leonard Jüngling berichtet, warum die Grundsteuer “längst überfällig” sei: Die Immobilienpreise seien seit dem Jahr 2000 um 164 Prozent gestiegen, das Bruttoinlandsprodukt um 133. Bei den Grundsteuereinnahmen, die wegen der Bemessung anhand von Einheitswerten aus den 1970er-Jahren die tatsächlichen Marktwerte “schon lange nicht mehr widerspiegeln” würden, gab es hingegen nur ein Plus von 82 Prozent.

Walter Gohm
Walter Gohm ist Präsident des Vorarlberger Gemeindeverbands. Eva Rauch

Gemeindeverband fordert generelle Reform

Walter Gohm (ÖVP) ist Bürgermeister von Frastanz und seit diesem Jahr der Präsident des Vorarlberger Gemeindeverbands, der seit vielen Jahren eine Anpassung fordert. Im VN-Gespräch sagt er: “Eines möchte ich klarstellen: Es geht nicht um zusätzliche Einnahmen, sondern um korrekte Abgeltung der damit verbundenen Kosten. Das ist ein Unterschied.” Für die Gemeinden wäre es zwar eine Mehreinnahme, aber mit der Grundsteuer würden auch viele Infrastruktureinrichtungen, die für die Baugründe zur Verfügung gestellt werden müssen, abgedeckt. Dazu zählen etwa Straßenbau, -sanierung oder -beleuchtung.

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Gohm berichtet, wie der Vorschlag des Gemeindeverbands aussah: Ab sofort bis 2030 sollte der bestehende Hebesatz von derzeit 500 auf 750 Prozent steigen. Das hätte die Gemeinden sofort finanziell entlastet. “Bis 2030 hätte die Zeit für eine generelle Reform der Grundsteuer genutzt werden können”, sagt Gohm. Diese Forderung wurde bislang nicht aufgegriffen. “Wir merken, dass es da unterschiedliche Ansätze gibt. Richtig ist aber auch, dass wir zu allen Themen in einem konstruktiven Austausch mit dem Landeshauptmann sind. Wir brauchen jedoch klare Signale, was die Finanzierung und finanzielle Ausstattung der Gemeinden betrifft”, ergänzt er. Die Zahlen liegen auf dem Tisch, sagt Gohm: Von 100 Euro Ertragsanteilen bleiben 35 Euro für die Erledigung der eigenen Aufgaben.

Die kurzfristige Entlastung der Gemeinden durch eine rasch umsetzbare Möglichkeit, wodurch zusätzlich kein Geld aus dem Topf von Bund oder Land weggegangen wäre, scheint nun vorerst in weite Ferne gerückt. “Ich bin über Wochen gelaufen, um den Landeshauptleuten konkrete Modelle vorzuschlagen”, berichtete der Finanzminister im VN-Interview. Und weiter: “Sie sollten das tun können, was sie wollen.” Doch dieser Schritt sei letztlich “an den ÖVP-Landeshauptleuten gescheitert”. Gohm meint dazu: “Ich habe vernommen, dass die Grundsteuer nicht angegriffen werden soll. Dazu hält sich meine Freude in Grenzen.”

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